In San Antonio auf Ibiza gibt es sei undenklichen Zeiten ganz am Ende des Hafens die Bar Tiburón, die Haifischbar.
Dort treffen sich frühe Fischer auf einen „carajillo“, um den Magen aufzuwärmen und später Zecher, meist um zu vergessen.
In den 80er Jahren gehörten zu Letzteren „los dos Vikingos“. Sie hießen so, weil sie beide rothaarig waren. Sie verband ein gemeinsames Schicksal.
Paddy, der Name sagt es, war Ire und Hank, der eigentlich Haakon hieß, war Norweger.
Ihr gemeinsames Schicksal war eine frühe Erbschaft, die es ihnen ermöglicht hatte, den Traum eines eigenen hochseetüchtigen Segelboots zu ermöglichen. Da weitere Erbschaften ausblieben, war bald kein Geld mehr da. Sie trafen sich per Zufall im Hafen von San Antonio, wo man damals noch für billiges Geld in der Bucht an einer Boje überwintern konnte.
Sie hatten nahe der Insel Conejera ein Wrack in wenig tiefen Gewässern entdeckt und beschlossen, der finanziellen Misere ein Ende zu setzen. Die große Messingschraube des Bootes sollte geborgen und verkauft werden. Damals bekam man dafür noch viel Geld.
In der Bar Tiburón schmiedeten sie ihre Pläne und ließen die Stammmannschaft allabendlich an ihren Fortschritten teilhaben.
Das Problem war zunächst, die Schraube von der Achse zu lösen. Der Wirt riet zum Allheilmittel „Caramba, tres in uno“ „Damit krieg ich jede verrostete Schraube an meinem Auto los“ sagte er und spendierte den Vikingos ein Bier.
„Tu caramba ser mierda,” beschied Paddy am nächsten Abend den Wirt. Man beschloss zu sägen. Dazu liehen sich die beiden Tauchgeräte aus.
Die Zeit unter Wasser, es war Winter, unterkühlte die beiden derart, dass sie ihr Vorhaben vorerst aufgeben mussten.
Eines Abends berichtete Toni, ein Fischer aus Alicante, der im Norden von Ibiza Gambas fischte, er habe zwei tote Windsurfer samt ihren Brettern in ihren Neopren-Anzügen auf hoher See entdeckt.
In aller Herrgottsfrühe stachen los Vikingos in See und tatsächlich, sie fanden die beiden Unglücklichen. Sie hieften sie an Deck und zogen ihnen die Neopren-Anzüge aus. Dann übergaben sie die Leichen den Fluten.
Als wären es Schleppnetze zogen sie ihre Beute hinter ihrem Boor her und berichteten am Abend, die Anzüge stänken nur noch wenig.
Die Arbeit ging nun flotter, die beiden konnten länger unter Wasser bleiben. Irgendwann war die Achse halbwegs durchsägt und brach unter der Last der Schraube ab. Leider sank sie dabei um einige Meter in die Tiefe. Am Abend feierten Paddy und Hank aber schon mal in der Bar Tiburón. Auf Pump, wie ein Kenner der Szene später berichtete.
Tolo, der Besitzer der Renault Werkstatt, versprach, einen Flaschenzug zu leihen. Am Morgen holten sie das verrostete Ding ab, behandelten es mit Caramba und schipperten hinaus, nunmehr felsenfest überzeugt, dass dies der Tag werde, der ihnen den ersehnten Erfolg brächte.
Hank tauchte und befestigte die Schraube an einen Tau, dann half er oben seinem Kumpel, den Flaschenzug zu bedienen. Das Segelboot krängte bedenklich. Das störte nicht, man achtete nur auf den Flaschenzug. Die beiden glaubten schon, die Schraube sehen zu können, zumal die Schieflage des Bootes den Blick in den Abgrund der See immer direkter werden ließ.
Da gab es einen Riesenknall. Der Flaschenzug hatte sich aus der Verankerung auf dem Boot gerissen und sank mitsamt der Schraube ins unergründliche Meer.
Das Boot stellte sich wieder auf und los Vikingos kehrten abends wie die begossenen Pudel in die Bar Tiburón zurück.
Sie beschlossen aufzugeben. Die Stammmannschaft der Bar war betrübt, denn im Winter gibt es auf Ibiza nicht allzu viel, worüber man abends in der Bar hätte reden können.
Paddy und Hank verbrachten den Rest des Winters damit, reichen Schweizern den Garten um ihre Fincas herum zu richten. Im Tiburón ließen sie sich nicht mehr blicken. Immerhin schuldeten sie Tolo einen Flaschenzug und dem Wirt die Sause vor der misslungenen Schraubenhebung.