Als ich meine aus Basel stammende Frau auf Ibiza kennenlernte, fuhr ich ein feuerrotes Auto, das die liebevoll „Tómatli“ nannte.
Unterdessen habe ich gelernt, dass die schwyzerdütsche Sprache mehrere Vorzüge hat, der erste ist zweifelsohne der, dass es sich um Deutsch handelt, das aber kaum ein Deutscher versteht.
Ein weiterer Vorzug ist, dass sie in ihrer Sprachgestaltung etwas Geniales hat.
Zunächst aber weiter mit dem „Tómatli“. Von einer Reise nach Basel zurückgekehrt, brachte meine damalige „novia“ etwas mit, was sie für ein Sündengeld extra hat anfertigen lassen: Einen Aufkleber mit dem Kosenamen des Autos. Es stand „Tomätli“ drauf.
Das sei wohl ein Druckfehler, meinte ich und wurde belehrt, nein das schreibe man so. Da ich fand, dass das nur die Deutsch-Schweizer auf Ibiza so sähen, befürchtete ich mich mit dem Aufkleber lächerlich zu machen und verweigerte dessen Aufklebung. Dunkle Wolken zogen auf, um es milde auszudrücken.
Später, als ich schon zu den Deutschen gehörte, die Schwyzerdütsch verstehen, begann ich, dieses Idiom zu lieben. Es gibt dort zuhauf Redewendungen, die im Deutschen längst vergessen sind. Niemand findet etwas dabei, wenn ein Schweizer sagt „es dünkt mir.“
Den Clou aber finde ich, dass man in der Schweiz Substantive dazu benutzen kann, eine Tätigkeit auszudrücken. Man setzt ein „gang go“ davor, was dem englischen angehängten „-ing“ entspricht.
Beispiel: „gang go Ladele“ ist deckungsgleich mit dem englischen „shopping“.
„Gang go Pilzle“ bedeutet, im Wald und auf der Heide nach Pilzen zu suchen. Genauso heißt es auf den britischen Inseln: „mushrooming.“
Gestern nun habe ich ein neues Wort gelernt, das mich seither in einen nicht gekannten linguistischen Freudentaumel versetzt:
„Canärdle“. (Wir haben uns gemerkt: ä wird wie a ausgesprochen.) Es ist offenbar nur in und um Basel gebräuchlich, wo wegen er Nähe zu Frankreich der Rock „jupe“ heißt. Zum Ausgleich heißt dann die Jacke Rock.
„Gang go Canärdle“ ist ein komplexer Vorgang, bei dem die Familie altes Brot sammelt, es in kleine Würfel schneidet, um diese dann den Enten im Teich zu verfüttern.
Davon hat sich abgeleitet, von einem „canard“ zu sprechen, wenn Kinder einen Würfel Zucker bekommen, der vorher in Kaffee getränkt wurde.
Meine hier ausgebreitete Weisheit habe ich aus den Kommentaren zu meinem gestrigen fb-Beitrag. Habt alle vielen Dank dafür.