Bar Tiburón, diesmal mit Hund.

Los Vikingos wurden bei ihren abendlichen, besser nächtlichen Besuchen der Bar tiburón von Paddy`s Hund begleitet. Der konnte nur an Land pinkeln. Da Paddy`s Segler an einer Boje in der Bucht von San Antonio hing, musste er morgens und abends mit dem Beiboot an Land gerudert werden. Er hörte auf den Namen Cú Paddy, eine Verballhornung des Namens der irischen Sagengestalt Cú Chulainn, was der Hund des Chulainn bedeutet.

Cú Paddy war ein „mil leches“, vulgo eine Promenadenmischung. Er war in der Bar Tiburón sehr beliebt, einfach deshalb, wie er sich unter eine Bank legte und keinen Mucks machte. Allerdings wusste er, wann sein Herrchen genug hatte, dann bellte er so lange, bis die anderen Säufer den Iren samt Hund rauswarfen. Hank, der Norweger, ging immer, wenn auch protestierend mit, denn sie hatten nur ein Beiboot. Sie hatten auch nur eine Boje, was eigentlich verboten war. Sie lagen als „Päckchen“ in der winterlichen Bucht.

Eines Abends kamen Paddy und Hank sichtlich schlecht gelaunt in die Bar Tiburón. Ihnen folgte hinkend und noch schlechter gelaunt Cú Paddy. Er hatte einen riesigen Verband um den Bauch gewickelt.

Es war schwer, herauszufinden, was passiert war, denn Hank und Paddy sprachen nicht, weder miteinander noch mit den anderen “Habitués“.

Schließlich lockerte der Alkohol doch die Zungen. Was war passiert?

In Hanks Boot hatte bei einer der Ausfahrten zwecks Hebung der Messingschraube der Motor gestottert. Am nächsten Morgen machten sich beide über das Trum her, schraubten, hämmerten und fluchten, was das Zeug hielt.

Darüber vergaßen sie, an die körperlichen Bedürfnisse von Cú Paddy zu denken. Sein Jaulen wurde überhört und so pinkelte der Hund in seiner Not an Bord. Dies tat er – aus schierer Bosheit, davon war Hank überzeugt – durch das Bullauge direkt auf dessen Kopf. Unflätig fluchend warf er mit dem Siebzehnerschlüssel nach dem Köter und traf wider Erwarten.

Er hatte dem armen Vieh den Bauch aufgeschlitzt, überall war Blut an Deck verspritzt, und Paddy drohte, nach Hank mit dem Zwanzigerschlüssel zu werfen, allerdings ins Gemächte.

Der Tierarzt verlangte ein, wie beide versicherten, geradezu unflätiges Honorar, was die Hebung der Messingschraube umso dringlicher erscheinen ließ.

Zunächst aber feierten los Vikingos Versöhnung und ruderten nach Erreichung der Volltrunkenheit einträchtig und von Cú Paddy bewacht zu ihren Seglern in die dunkle Nacht.

Bar Tiburón.

In San Antonio auf Ibiza gibt es sei undenklichen Zeiten ganz am Ende des Hafens die Bar Tiburón, die Haifischbar.

Dort treffen sich frühe Fischer auf einen „carajillo“, um den Magen aufzuwärmen und später Zecher, meist um zu vergessen.

In den 80er Jahren gehörten zu Letzteren „los dos Vikingos“. Sie hießen so, weil sie beide rothaarig waren. Sie verband ein gemeinsames Schicksal.

Paddy, der Name sagt es, war Ire und Hank, der eigentlich Haakon hieß, war Norweger.

Ihr gemeinsames Schicksal war eine frühe Erbschaft, die es ihnen ermöglicht hatte, den Traum eines eigenen hochseetüchtigen Segelboots zu ermöglichen. Da weitere Erbschaften ausblieben, war bald kein Geld mehr da. Sie trafen sich per Zufall im Hafen von San Antonio, wo man damals noch für billiges Geld in der Bucht an einer Boje überwintern konnte.

Sie hatten nahe der Insel Conejera ein Wrack in wenig tiefen Gewässern entdeckt und beschlossen, der finanziellen Misere ein Ende zu setzen. Die große Messingschraube des Bootes sollte geborgen und verkauft werden. Damals bekam man dafür noch viel Geld.

In der Bar Tiburón schmiedeten sie ihre Pläne und ließen die Stammmannschaft allabendlich an ihren Fortschritten teilhaben.

Das Problem war zunächst, die Schraube von der Achse zu lösen. Der Wirt riet zum Allheilmittel „Caramba, tres in uno“ „Damit krieg ich jede verrostete Schraube an meinem Auto los“ sagte er und spendierte den Vikingos ein Bier.

„Tu caramba ser mierda,” beschied Paddy am nächsten Abend den Wirt. Man beschloss zu sägen. Dazu liehen sich die beiden Tauchgeräte aus.

Die Zeit unter Wasser, es war Winter, unterkühlte die beiden derart, dass sie ihr Vorhaben vorerst aufgeben mussten.

Eines Abends berichtete Toni, ein Fischer aus Alicante, der im Norden von Ibiza Gambas fischte, er habe zwei tote Windsurfer samt ihren Brettern in ihren Neopren-Anzügen auf hoher See entdeckt.

In aller Herrgottsfrühe stachen los Vikingos in See und tatsächlich, sie fanden die beiden Unglücklichen. Sie hieften sie an Deck und zogen ihnen die Neopren-Anzüge aus. Dann übergaben sie die Leichen den Fluten.

Als wären es Schleppnetze zogen sie ihre Beute hinter ihrem Boor her und berichteten am Abend, die Anzüge stänken nur noch wenig.

Die Arbeit ging nun flotter, die beiden konnten länger unter Wasser bleiben. Irgendwann war die Achse halbwegs durchsägt und brach unter der Last der Schraube ab. Leider sank sie dabei um einige Meter in die Tiefe. Am Abend feierten Paddy und Hank aber schon mal in der Bar Tiburón. Auf Pump, wie ein Kenner der Szene später berichtete.

Tolo, der Besitzer der Renault Werkstatt, versprach, einen Flaschenzug zu leihen. Am Morgen holten sie das verrostete Ding ab, behandelten es mit Caramba und schipperten hinaus, nunmehr felsenfest überzeugt, dass dies der Tag werde, der ihnen den ersehnten Erfolg brächte.

Hank tauchte und befestigte die Schraube an einen Tau, dann half er oben seinem Kumpel, den Flaschenzug zu bedienen. Das Segelboot krängte bedenklich. Das störte nicht, man achtete nur auf den Flaschenzug. Die beiden glaubten schon, die Schraube sehen zu können, zumal die Schieflage des Bootes den Blick in den Abgrund der See immer direkter werden ließ.

Da gab es einen Riesenknall. Der Flaschenzug hatte sich aus der Verankerung auf dem Boot gerissen und sank mitsamt der Schraube ins unergründliche Meer.

Das Boot stellte sich wieder auf und los Vikingos kehrten abends wie die begossenen Pudel in die Bar Tiburón zurück.

Sie beschlossen aufzugeben. Die Stammmannschaft der Bar war betrübt, denn im Winter gibt es auf Ibiza nicht allzu viel, worüber man abends in der Bar hätte reden können.

Paddy und Hank verbrachten den Rest des Winters damit, reichen Schweizern den Garten um ihre Fincas herum zu richten. Im Tiburón ließen sie sich nicht mehr blicken. Immerhin schuldeten sie Tolo einen Flaschenzug und dem Wirt die Sause vor der misslungenen Schraubenhebung.