Während der jüngst vergangenen Tage habe ich mit großem Interesse die Anhörungen der Zeugen im Impeachment Verfahren des US Kongresses verfolgt und mit großem Vergnügen (ich gebe es zu) das gesehen, was die late night shows dazu zu sagen hatten.
Das traurige Fazit war, dass diese große Bestätigung einer funktionierenden Demokratie absolut für die Katz war. Man hatte den Eindruck, dass die Abgeordneten zwar sprechen können, dass sie aber nicht hören können. Zumindest können diese Leute nur selektiv hören, denn sie blenden all das aus, was ihnen nicht in den Kram passt, und zwar in beiden Lagern.
Das Erschreckendste aber war, festzustellen, dass genau dieses Phänomen außerhalb des Capitols in absolut gleicher Weise gehandhabt wurde. Der eine TV Sender berichtete von einem Präsidenten, der mehrfach gegen die Verfassung und das Strafgesetzbuch verstoßen hat und der andere berichtet mit der absolut identischen Glaubwürdigkeit von einem Präsidenten, der alles richtig gemacht hatte.
Kurz, keiner auf der politischen oder journalistischen Bühne war und ist um Ausgewogenheit oder gar Objektivität bemüht. Es wurde lediglich aus dem Schaufenster heraus geplaudert, um die jeweilig eigene Klientel zu bedienen.
Ich war wirklich entsetzt, bis ich neulich im Flugzeug Zeit hatte, nachzudenken. Dabei bin ich darauf gekommen, dass auch ich immer weniger Lust dazu habe, die Meinung Andersdenkender anzuhören. Zwar lese ich täglich die Süddeutsche Zeitung und verfolge die Nachrichten in den öffentlich-rechtlichen Sendern und – sehr zu empfehlen- der österreichischen Nachrichtensendung ZIP 2 – aber das, was mir bei facebook ungefragt in den PC kommt, da selektioniere ich schon. Da gibt es smarte Mitfünfziger, die in Jeans und offenem Hemde ihre ultrakonservative Weltanschauung verbreiten, da gibt es Damen, die offenbar ohne viel nachgedacht zu haben, eher Fragwürdige Sentenzen Dritter teilen und dann gibt es einen Österreicher, der stets grinsend populistischen Schmäh in die Kamera quatscht.
Ich ertappe mich dabei, diese Beiträge nicht anzuhören, wegzudrücken und doof zu finden, ohne den Inhalt wirklich zu kennen. Das ist genau das Verhalten, das ich gerade hinsichtlich der öffentlichen Wahrnehmung in den USA kritisiert habe.
Wenn eine Gesellschaft so polarisiert ist, dass die eine Seite nicht mehr weiß, was die andere denkt, weil der Gesprächsfaden abgerissen ist, dann entsteht zunächst Häme, dann Geringschätzung und schließlich Hass.
Wie will man in einer Demokratie diskutieren, in einem Parlament reden, wenn die Bereitschaft verloren gegangen ist, anzunehmen, dass der Andere womöglich doch ein Fünkchen Recht hat oder sogar mehr?
Wohin führt es, wenn der Wille und damit die Möglichkeit zu einem Kompromiss zu kommen a priori ausgeblendet wird?
Vor vielen Jahrzehnten hat die Erzieherin einige meiner Onkels, die damals noch Kinder waren, gefragt, aus welchen Ursachen sie sich denn stritten? Antwort: „Wir streiten nich mit Uhrsachen, wir streiten mit de Fäuste“.
Genau so wird es in den USA kommen, wenn die Spaltung der Nation alles durchdringt, von den Eliten bis zum letzten „Naturtrottel“. Man wird aufeinander losgehen. Es wird zum Bürgerkrieg kommen. Aber diesmal nicht mit zwei Armeen, die auf einander prallen.
In einem Land, in dem alle bis an die Zähne bewaffnet sind, werden Einzelne ihre vermeintlichen Feinde vor dem Supermarkt, in der Schule oder bei Sportversammlungen erschießen. Ist ja alles schon vorgekommen, nur wird das zu einem flächendeckenden Ereignis werden, wenn eine Gesellschaft zulässt, dass die Meinung anderer nicht nur nichts gilt, sondern zum Indikator dafür wird, dass so einer ein Feind ist.
Es steckt schon Methode dahinter, wenn der Präsident die Presse als Feinde des Volkes brandmarkt.