Die Konfirmation war früher in erster Linie ein Fest, zu dem er junge Christ von Leuten, die er nur wenig kannte, Geschenke bekam. All das andere, das Geistliche, ging in diesem Regen von Gaben unter, obwohl das Meiste, was sich auf dem Gabentisch türmte, Mist war.
Ich bekam natürlich das absolute Muss für diese Gelegenheit, die betenden Hände von Albrecht Dürer, aber gleich mehrmals, bitteschön. Zweimal in Bronzeguss, einmal als Druck und einmal aus Porzellan. Hinzu kamen Sammeltassen, Steingutplatten, Humpen und gerahmte Bildchen mit fromm gemeinten Sprüchen: „Immer wenn du denkst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“ Darunter, erraten, die betenden Hände in Golddruck.
Was macht man mit dem ganzen Quatsch? Glücklicherweise hatten wir Luftgewehre und so diente all das als Zielscheibe. Für die härteren Sachen luden wir unsere Vettern aus Thüngen ein, die hatten Kleinkaliber, das reichte dann auch für die Hände in Bronze.
Wegschmeißen ging natürlich überhaupt nicht, denn es bestand die Gefahr, dass der Schenker dessen gewahr würde.
Meine Mutter hatte eine wunderbare Methode gefunden, Steingutplatten, die am Außenrand mit bunten Punkten verziert waren, die dann zur Mitte hin zusammenliefen, möglichst vor Zeugen fallen zu lassen, um dann über den Verlust des schönen Stücks lauthals zu klagen.
Damals waren Hochfrisuren der letzte Schrei. Man mutmaßte, dass die gewagtesten Kreationen dadurch entstanden, dass ein bis zwei altbackene Semmeln als innere Stütze halfen. Bei der Generalprobe am Samstag verbat sich der Pfarrer zum wiederholten Male jede Art von Hochfrisuren: „Meine Aufgabe ist es, euch zu segnen, nicht sie Semmeln.“
Das Babeddla ist dann doch mit Hochfrisur gekommen. Ein paar Jahre später gebar sie ein uneheliches Kind. „A Wunner!!“ Mehr Kommentar dazu gab es nicht.
Ich musste angesichts der Fülle von Geschenken Listen führen, damit klar war, wer was vorbeigebracht hatte. Es war natürlich Pflicht, sich bei all denen, die etwas geschenkt hatten, persönlich zu bedanken. Für mich war das kein Problem, denn ich kannte in Rentweinsdorf jede Ecke und wusste genau, wer wo wohnte.
Wenige Jahre zuvor, als meine Schwester konfirmiert worden war, bat sie mich, sie bei dem „Bedankemichs-Rundgang“ zu begleiten, wahrscheinlich war mangelnde Ortskenntnis eher nicht der Grund ihrer Bitte. Sie war damals mitten in der Pubertät, genierte sich, fühlte sich in ihrer Haut nicht wohl und überhaupt.
Wir liefen also durchs Dorf und bekamen fast überall von der Konfirmation übrig gebliebene Kniekrapfen geschenkt. Die mussten natürlich vor Ort gegessen werden, alles andere wäre unhöflich gewesen. Meine Schwester, die wir sowieso schon immer wegen ihres Fohlenspecks hänselten, litt Höllenqualen, während ich, damals noch ein spirreliger Bub, die Kniekrapfen mit Genuss verschlang.
Wir näherten uns nach mehreren Stunden der Kappelleite, wo das Original des Dorfes, die Schmidt’s Kaline wohnte. Wir haben erst kürzlich von ihr gehört.
Sie hörte sich das Dankesgestammel meiner Schwester an, dann musterte sie sie von oben bis unten und fällte ihr Urteil das den Rest jedes Selbstvertrauens in der frisch Konfirmierten zerstörte:
„Du bis ka Rodnhon, du bist a Dhüngen“ Die Rodnhon, des warn schönna Leud!“