Archiv der Kategorie: Europa

Neue Religionen

Dass es andere Glaubensbekenntnisse gibt, weiß ich von Karl May, durch’s wilde Kurdistan und so. Das lag damals weit weg. Wie nah andere Kulturen tatsächlich sind, merkte ich im Hafen von Alicante, wo die Hinweisschilder schon in den 70er Jahren auch in arabischer Schrift abgefasst waren.

Unterdessen sind andere und manchmal auch für uns fremde Kulturen und Religionen mitten unter uns angekommen, und es bleibt gar nichts anderes übrig, als sich damit auseinanderzusetzen, wie wir miteinander umgehen sollen.

An sich ist es ganz einfach: Das Grundgesetz und die bestehenden Gesetze regeln das Miteinander aller in Deutschland lebender Menschen.

Das Problem ist nur, das viele derer, die neu nach Deutschland kommen, das nicht wissen. Sie leben in einer Parallelwelt, wie so viele Deutsche auf Ibiza und Mallorca in einer Parallelwelt leben. Sie sprechen die Sprache nicht, haben keine Ahnung von der Kultur ihres Gastlandes und benehmen sich „wie daheim, nur mit mehr Sonne“.

Die Menschen, die nach Deutschland zugewandert sind, verhalten sich oft ähnlich: „Wie daheim, nur mit mehr Freiheit und Wohlstand.“

Das geht ja noch, wenn es sich um Fragen des Anziehens, der Ernährung oder des Glaubensbekenntnisses handelt. Der Spaß hört auf, wo Verhaltensweisen, Weltanschauungen und tägliches Handeln mit den Werten unseres Rechtsstaates nicht in Einklang zu bringen sind.

Ich werde nicht müde, zu wiederholen, dass das insbesondere der Fall ist, wo nicht verstanden wird, dass die Werte unserer weltlichen Ordnung denen jedweder religiösen Ordnung vorgehen.

Gestern hörte ich im Radio, dass der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg nun eine Anstalt des öffentlichen Rechts geworden sei, und somit den Kirchen nicht nur gleichgestellt sei, sondern auch Steuern von seinen Mitgliedern erheben könne.

Der Gedanke liegt nun sehr nahe, zu überlegen, ob in Deutschland nicht alle Religionsgemeinschaften Anstalten des öffentlichen Rechts sein müssten.

Zunächst gebietet das der Gleichheitsgrundsatz. Aber es gebietet auch eine Überlegung, die eng mit dem „ordre pubilc“ zusammenhängt:

„Wer zahlt schafft an“.

Fast alle neu zu uns gekommene Religionsgemeinschaften werden vom Ausland aus finanziert. Die großen Neubauten von Moscheen werden sämtlich von den Potentaten auf der arabischen Halbinsel bezahlt. Und es ist kein Geheimnis, dass die Imame entweder von türkischen Institutionen oder solchen aus den Golfstaaten bezahlt werden. Keines dieser Länder respektiert auch nur annähernd unsere durch die Verfassung geschützten Werte.

Wenn ein Religionsgesetz bestimmen würde, dass alle Glaubensgemeinschaften die Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts haben müssen, würden die Gläubigen, in deren Heimat ihr Credo Staatsreligion war, merken, dass die den Glauben verwaltenden Institutionen und Menschen keine gottgegebenen Autoritäten sind. Und dann wären die von den Anstalten des öffentlichen Rechts eingestellten Seelsorger auch leichter dazu zu bringen, die Werte dieses Landes zu achten, einfach deshalb, weil solche, die es nicht tun, gar nicht erst eingestellt werden können.

Jetzt müssen Verfassungsrechtler her, denn ich weiß nicht genau, ob das, was ich hier vorschlage, vom Gesetzgeber umgesetzt werden kann. Wünschenswert wäre es allemal.

Vietnam

Es gab wohl kein Ereignis, das mein Leben so nachhaltig beeinflusst hat, wie der Vietnamkrieg.

In meiner Jugend war Krieg etwas Normales. Alle Erwachsenen Männer, die ich kannte, waren im Krieg gewesen, manche sogar zwei Mal. In der Bibliothek standen bebilderte Bände, die das Tun im ersten Weltkrieg in allen Farben der Glorie beschrieben.

Natürlich wurde da auch gestorben und natürlich kam da so mancher Soldat verstümmelt nach Hause. Was im Gedächtnis blieb, war der Eindruck, dass Krieg den Mann zum Manne macht, da gibt es Orden und Beförderungen und darüber hinaus dient man dem Vaterland, was per se gut und nicht diskutierfähig ist.

Die Uniformen meines Vaters und meines Großvaters hingen im Kleiderschrank, rochen nach Mottenpulver und erheischten Ehrfurcht.

Als die USA in den Konflikt in Vietnam eingriffen, herrschte noch die Domino Theorie, wonach die Länder des westlichen Werte- und Kräftebündnisses wie Dominosteine nach und nach dem Sowjet in die Hände fallen würden, wenn wir diesem Dämon nicht konsequent und weltweit Paroli bieten würden.

Nach meiner militaristischen Erziehung und dem zuvor gesagten, war das Engagement der USA in Vietnam per se gut und nicht diskutierfähig.

Doch dann sahen wir im Fernsehen, wie Napalmbomben auf Zivilisten geworfen wurden, wie Kinder verbrannten und Wälder entlaubt wurden. Wir sahen den Krieg vor laufender Kamera und plötzlich wurde das Miserable des Krieges deutlich. Da war nichts Heroisches und da war auch nichts Gerechtes. Ein Polizeioffizier, der die Pistole einem Gefesselten an den Kopf hält, widersprach all dem, was ich vom Krieg gelernt hatte.

Und es war noch etwas: Die Amerikaner waren unsere Schutzmacht, von der wir hofften, sie sei stärker als die Sowjetunion. Die Amis waren die Guten.

Doch dort in der Ferne, ganz weit weg, gerierten sich diese Amis als grausame, menschenfeindliche Kobolde, die mit wechselnden korrupten Diktatoren gegen Menschen kämpften, die derart wenig bewaffnet waren, dass sie sich damit behelfen mussten, dem Feind Fallen zu bauen, in die er trat oder fiel.

Waren die Amis doch nicht die Guten? Das fragten sich auch die Amerikaner selbst, die ihrem Präsidenten Johnson zuriefen „LBJ, how many kids did you kill today?“

Die zwangsläufige Folge dessen, was wir da täglich sehen konnten, war die, dass es möglich wurde, eherne Wahrheiten zu hinterfragen und es wurde damit auch möglich, Autoritäten zu hinterfragen.

Das tat meine Generation mit Vehemenz. Familien zerbrachen dabei, Mütter weinten und Väter sahen sich in ihrer Rolle als geistig moralischer Haushaltsvorstand der Lächerlichkeit ausgesetzt.

Ich war nicht sehr vehement, ich bin auch nie bei einer Demo mitgelaufen. Ho-Ho-Ho-Chi-Minh war nicht Meins.

Ich habe nur gemerkt, dass ich da nicht mitmachen will. Die Vorstellung als Jurist in Deutschland mein Brot verdienen zu müssen, hat bei mir zu regelmäßigen Albträumen geführt.

Andere haben gehandelt und es erreicht, dass die Bundesrepublik nach dem Ende des Vietnamkrieges eine andere Republik geworden ist.

Ich bin ausgebüxt und nach Ibiza gezogen. Das war im Lichte dessen gesehen, was wir aus dem Vietnam Krieg gelernt haben, inkonsequent. Meine Freunde haben mir das noch lange vorgeworfen.

Für mich war es der Beginn eines endlich selbstbestimmten Lebens. Es war inkonsequent und richtig zugleich. Ich bin ein Profiteur der Auswirkungen des Vietnam Krieges.

Merkel, ein Endspiel?

Ich habe noch nie CDU oder CSU gewählt. Dazu gehört nicht viel, denn seit 1978 habe ich in Spanien gelebt.

Dennoch hatte ich von Anfang an das Gefühl, dass das, was die Bundeskanzlerin Merkel im Sommer 2015 machte, richtig war. Es war ja nicht nur richtig, es war sogar notwendig. Hätte man es als Europäer ausgehalten, mitanzusehen, wie von Budapest aus nach Südosten hin Tausende im eigenen Kot verrecken?

Natürlich hätte man Vieles anders, sicherlich auch besser machen können. Die Frage stellte sich im Spätsommer 2015 nicht, es musste einfach so oder so gehandelt werden.

Nun sind einige Jahre ins Land gegangen und, was wichtiger ist, es gab Bundestagswahlen, bei denen ein großer Teil der Bevölkerung der Kanzlerin klarmachte, dass ihre Flüchtlingspolitik nicht mehrheitsfähig ist.

Das macht ihr Handeln im Sommer vor zwei Jahren nicht falsch. Das Wahlergebnis müsste sie aber zum Umdenken zwingen. Davon merkt man nichts. Das Schlimme ist, dass man von der Bundeskanzlerin überhaupt nichts merkt.

Deutschland hat keine gewählte Regierung mehr. Merkel stellt den Anspruch, weiterhin Bundeskanzlerin zu bleiben.

„Um Himmels willen, dann tu doch was dafür“, will man ihr zurufen.

Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik, sagt das Grundgesetz. Wann, wenn nicht jetzt, ist Frau Merkel denn in diesem Sinne gefragt? Jetzt wird der Kurs der neuen Regierung festgelegt. Jetzt müsste sie Flagge zeigen. Sie zeigt aber gar nichts.

Wie so viele große Staatslenker vor ihr, vergeigt Frau Merkel gerade die Chance zu einem würdigen Abgang.

Fehler sind offenbar dazu da, von allen noch mal gemacht werden zu müssen.

Kriminelle Kurzdenker

Gestern fand ich ein Foto in facebook, auf dem demonstrierende Moslems zu sehen waren. In den Kommentaren ging es gleich los, dass man da ja mal wieder sähe, dass das alles Terroristen seien, einer verstieg sich sogar zu dem Satz, ohne den Islam gäbe es garkeinen Terrorismus.

Das stimmt zweifellos, denn da sprechen Mustafa Breivik, Aishe Meinhof, Ali Bader, Omar Paisley, Tarik Ramírez Sánchez und natürlich Abdul Eta eine beredte Sprache.

Ohne den Islam, wären die nie und nimmer Terroristen geworden.

Wie neueste Studien von Professor Dr. Herwig Mümmel vom soziologischen Institut der Willi Sachs Universität in Schweinfurt ergeben haben, ist der Islam auch der spiritus rector des Nationalsozialismus gewesen, und ein gewisser Yussuf, alias Josef Dschughaschwili kam in Georgien zur Welt und hatte eine muslimische Amme.

Leider stellte sich im Laufe des Tages heraus, dass das genannte Foto zwar Moslems zeigte, jedoch waren die da gerade dabei, gegen den Terror zu demonstrieren, der im Namen des Islam betrieben wird.

Macht nix, war der darauffolgende Kommentar, allein die Anwesenheit der Moslems in Europa zeige, dass wir ein Problem haben.

Die Leute, die solche Meinungen absondern sehen gewaschen und rasiert aus, haben sogar manchmal einen Schlips an, sind studiert, einige haben einen Doktortitel. Wie kommt ein kultivierter Mitteleuropäer dazu, Bockmist zu verzapfen wie den, Islam mit Terrorismus gleichzusetzen?

Zugegeben, derzeit sind die meister Terroristen Moslems. Und Tomás de Torquemada? Cesare Borgia? Girolamo Savanarola? Maximilien de Robespierre?

Es ist nicht „der Islam“, der zum Terrorismus führt, es ist der Missbrauch der Religion, der in der Mehrzahl der Fälle zum Terrorismus führt. Sogar friedliebende Buddhisten sind fähig, muslimische Rohingya zu terrorisieren.

Wer den Islam mit dem Terror gleichsetzt erfüllt den Tatbestand der Volksverhetzung. Wer so in den sozialen Netzwerken agiert, ist ein Krimineller.

In diesem Zusammenhang empfehle ich die Lektüre der Paragraphen 283 des österreichischen Strafgesetzbuches und 130 des deutschen Strafgesetzbuches.

Wehret den Anfängen!

Natürlich ist es notwendig, mit aller Konsequenz gegen diejenigen vorzugehen, die versuchen, den Antisemitismus wieder auf die Straßen Europas zu bringen. Anderen Staaten den Untergang und anderen Menschen den Tod zu wünschen, ist in keiner Weise vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Sich dagegen zu positionieren, ist Pflicht jedes aufrechten Demokraten.

Wir können froh und dankbar sein, dass das bisher auch immer so funktioniert hat.

Nun beobachte ich, besonders in den sozialen Netzwerken, eine Zunahme an Meinungsäußerungen, die sich gegen den dargelegten Missbrauch der Meinungsfreiheit wenden. Nur, dies geschieht in einer Art und Weise, die absolut nicht toleriert werden kann. Wer sich zu den Feinden unserer Demokratie wie folgt äußert, tut dieser Demokratie nichts Gutes:

Abschaum,

Gesindel,

Lumpenpack,

sie sind Scheiße,

feige Bastarde

Bombe drauf

All das ist der Wortschatz des Nationalsozialismus. Wer diesen Wortschatz nutzt, ist von den Nazis nicht mehr zu unterscheiden, im Zweifel, ist er/sie selbst einer.

Man könnte diese Meinungsäußerungen durch Nichtbeachtung strafen, man könnte zur Tagesordnung übergehen.

Diesen Gefallen sollten wir denen nicht tun, die versuchen, verbal das Klima zu vergiften.

Es ist allgemein bekannt, dass durch ständige Wiederholung zunächst das Unanständige salonfähig gemacht wird und dann ist es zur Gewalt nicht mehr weit, es handelt sich ja um Abschaum, der nichts anderes verdient.

Zunächst ist hier daran zu erinnern, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt. Wer zur Gewalt aufruft, macht sich strafbar.

Und dann möchte ich dazu aufrufen, diesen Verbaldelinquenten nicht das Feld zu überlassen. Nichtbeachtung geht nicht.

Ohne sich auf das sprachliche Niveau dieser Leute herabzulassen, muss ihnen erwidert werden, sonst denken die noch, die Mehrheit habe die gleichen kruden Vorstellungen wie sie selbst.

Natürlich setzt man sich damit der Gefahr aus, von diesen Mitmenschen beschimpft zu werden. Das kann man dann mit Nichtbeachtung strafen.

Besteuerung der Rationalisierung

Besteuerung der Rationalisierung

Als Bub habe ich eine wunderbare Familienklamotte gelesen, in der der Vater Spezialist für Rationalisierung war. Er ging durch Fabriken und überlegte, wie man aus zwei Handbewegungen der Anbieter eine einzige machen könnte. Mich hat das fasziniert, zumal unser Vater damals immer von der Rationalisierung der Landwirtschaft sprach.

Was ich mir als Bub natürlich nicht überlegt habe, ist die Tatsache, dass wenn man immerzu aus zwei Handgriffen einen macht, schließlich aus zwei Arbeitern einer wird.

Den Gewinn aus der Rationalisierung hat der Unternehmer, der „freigestellte“ Arbeiter hat dabei keinen Vorteil, es sei denn, man will die Chance auf eine weiterbildende Maßnahme Vorteil nennen.

Tatsächlich ist es in den vergangenen fünfzig Jahren gelungen, dass durch den Druck der Rationalisierung riesige Hallen, in denen Heerscharen von Arbeitern roboterhaft immer wieder die gleichen Handlungen vornehmen, der Geschichte angehören. Ich kann ein Lied davon singen, denn mein erstes gebrauchtes Auto habe ich mir bei Kugelfischer in Ebern am Fließband verdient.

Es ist dem Unternehmergeist und den Gewerkschaften in Europa zu verdanken, dass die wegrationalisierten Arbeitnehmer nicht auf der Straße blieben. Heute ist es so, dass durch immer weiterführende Spezialisierung der Wirtschaft in manchen Branchen fast wieder eine Situation der Vollbeschäftigung erreicht werden konnte.

Das ist gut so. Niemand bezweifelt das. Arbeit ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor unseres Lebens. Alles, was uns umgibt, alles was erreicht wurde, alles, was uns das Leben lebenswert macht, fußt auf der Arbeit der lebenden Generationen und unserer Vorfahren. Arbeit generiert nicht nur Einkommen, es bewirkt auch, dass Steuergelder in die Staatskasse fließen.

Wie wichtig Letzteres ist, konnte ich in Spanien erleben. Als ich 1978 dorthin zog, zahlte niemand Steuern. Der Staat lebte von den direkten, den unsozialen Steuern, die er über den Konsum einzog. Keiner fühlte sich verantwortlich, keiner identifizierte sich mit dem Gemeinwesen. Dann kamen die ersten demokratischen Regierungen und es waren die drei Legislaturperioden unter Felipe González, in denen in Spanien ein funktionierendes Steuersystem aufgebaut wurde. Das Geld wurde dem Bürger erstmals direkt vom Einkommen abgezogen, und so begann man sich dafür zu interessieren, was mit dem Geld geschieht. Jeder merkte, dass es aufwärts ging, Krankenversicherung, Infrastruktur, Gerichte und Renten begannen zu funktionieren, nicht gut, aber immerhin besser als vorher.

Nun frage ich mich, was passiert, wenn die Arbeit immer mehr von Robotern und Computern übernommen wird? Diejenigen, die bisher diese Tätigkeiten ausgeführt hatten, müssen ja irgendwie weiter versorgt werden. Aber die von ihnen bisher entrichtete Lohnsteuer bleibt aus. Das muss, wie es so schön heißt, gegenfinanziert werden. Man wird daher über kurz oder lang darüber nachdenken müssen, Steuern auf Computer und Roboter, ja auf jede Art von Rationalisierung erheben zu müssen.

Wie das geht?

Ich habe keine Ahnung, dafür haben wir ja die einschlägigen Spezialisten. Denen obliegt es, die Angelegenheit zu organisieren.

Dem mündigen Bürger obliegt es, über solche Dinge nachzudenken.

Das Problem mit dem CH – Ä

Als ich vor 38 Jahren meine Frau kennen lernte, fuhr ich auf Ibiza einen knallroten Renault R4 Kastenwagen. Er klapperte bald an allen Kanten und Enden, was weniger an der Qualität des Autos, als an den damals noch schlechten Wegen auf der Insel lag.

Als wir später Kinder hatten, waren diese entzückt, von ihren Sicherheitssitzen aus unter sich die Straße vorbeihuschen zu sehen. Wir waren weniger entzückt und kauften unter großem Geldbeutelächzen ein neues Auto.

Damals aber, 1979, war die Karre ebenso neu wie rot und Brigitte taufte es „Tomatli“.

Ich fand das lustig, und übernahm den Namen in meinen Sprachgebrauch.

Und dann kam das erste gemeinsame Weihnachten. Brigitte hatte sich per Post den Namen des Autos in sieben goldenen Aufklebebuchstaben kommen lassen. In Schmuckpapier mit Schleifchen eingepackt, überreichte sie mir das Geschenk.

Hocherfreut wickelte ich alles aus und als ich die Buchstaben geordnet hatte, las ich:

T-O-M-Ä-T-L-I

Das kann ich so nicht auf das Auto kleben- Warum nicht? – Weil das Tomätli heißt. – Das ist schwytzerdütsch und wird T-O-M-A-T-L-I ausgesprochen. – Das wissen aber auf Ibiza nur du, die Rita y cuatro gatos más. Alle anderen lesen Tomätli mit Ä.

Um es kurz zu machen, es lag kein Segen auf unserem ersten gemeinsamen Weihnachtsfest.

Unterdessen ist es mir zwar nach wie vor untersagt, schwyzerdütsch zu sprechen (das tönt so chommisch) aber ich habe mich an die Eigentümlichkeiten der Aussprache gewöhnt: Der Ort Aesch bei Basel wird so ausgesprochen, wie man in Deutschland Popo ausspricht und es wundert mich auch nichtmehr, dass der Kellner, wenn er mir den Teller vorsetzt „Scheiß“ sagt. Er meint „sch heiß“.

Nun ist über uns hier in Berlin die Adventszeit hereingebrochen. Brigitte backt dann immer etwas, was sie „Gratemannli“ ausspricht. Ich postete eines dieser niedlichen Hefeteig Männchen im Facebook und erntete vollkommenes Unverständnis bei meinen CH- Freunden: So was gibt es in der Eidgenossenschaft nicht, und erst recht nicht in Basel.

Es stellte sich dann heraus, dass es sich korrekt um einen Grättemaa, phonetisch Grattemaa handelt.

Wie auch von den Österreichern trennt die Deutschen von den Schweizern die gemeinsame Sprache.

 

Doris, so heißt „man“ nicht

Von Zeit zu Zeit wird es notwendig, daran zu erinnern, dass die Bundesrepublik Deutschland nach wie vor eine Republik ist.

Diese Tatsache teilt sich dem Mitbürger nicht sofort mit, die die sogenannte „Yellow Press“ am Leben hält, indem er sie liest.

Danach scheint nichts wichtiger zu sein, als irgendeinen Adelstitel oder ersatzweise eine geliftete Prinzessin herumführen zu können, wobei bei Letzterer die Tatsache des stattgehabten Liftings meist leichter feststellbar ist, als die Echtheit des Titels.

Der Adel ist eine typische Klassengesellschaft. Ganz oben rangieren die sogenannten regierenden Häuser, die dies entweder noch heute tun oder bis 1918 vorgaben dies zu tun, das ist die erste Abteilung. In der zweiten Abteilung tummeln sich Fürsten, Prinzen und Grafen, die bis 1806 Herrscher über ein souveränes Duodezländle waren. Die sind allesamt auf Napoleon schlecht zu sprechen. In die dritte Abteilung stürzt der aus den vorherigen Klassen ab, der sich nicht gesetzestreu verhalten hat. Damit ist nicht unbedingt Scheckbetrug gemeint, sondern die Tatsache, dass er – horribile dictu – bürgerlich geheiratet hat. Alle drei Abteilungen tragen eine geschlossene Krone über dem Wappen.

Einfachere Grafen haben dort eine offene Krone mit neun Zacken, während sich Barone mit einer noch offeneren Krone, sie hat nur sieben Zacken, begnügen müssen. Barone erkennt man auch daran, dass sie Freiherrn heißen. Schließlich gibt es noch den Briefadel, der trägt nur ein „von“ vor dem Nachnamen und deren Mitglieder tun sich schwer in dem Geschäft, auf das wir nun zu sprechen kommen:

Es gibt nämlich noch einen sozusagen republikanischen Adel. Auch in ihn wird man durch einen Akt der Liebe aufgenommen, allerdings spielt sich dieser nicht im Schlafgemach der hochherrschaftlichen Eltern ab, sondern auf dem Girokonto eines verarmten Prinzen, Fürsten oder Herzogs. Man ahnt es, wir sprechen von der Adoption. Durch diesen Rechtsakt übernimmt der oder die Adoptierte rückwirkend von Geburt an den Nachnamen des durch Geld in elterlicher Liebe Entflammten. Der Vorname aber bleibt, und das ist verräterisch: Leopold, August, Eitel Heinrich und natürlich Ludwig, da rauscht der Hofball durch die Gehörgänge. Was aber soll man zu Karl-Heinz, Klaus-Jürgen, Thorsten, Uwe oder Finn sagen? Da fällt einem Baggerführer, Friseur oder Tankwart ein.

Ich gebe zu, Hans ist auch nicht gerade das Gelbe vom Ei, aber ich mosere ja auch nur aus dem Sumpf des Baronats heraus.

Und nun treffen auf jedem Empfang, Presseball oder sonstigem „event“, höchst vornehme Herrschaften auf vornamentliche verdächtige Verwandte. Zu deren Graus sagen Karl-Heinz &Co „Mahlzeit“, klopfen an offene Türen oder, was fast noch unangenehmer ist, sie sind schlicht kriminell.

Glücklicherweise ist die hier dargelegte „Problematik“ der Mehrheit schnurz, denn der Adel entbehrt in einer Republik nicht nur einer Funktion sondern auch jedweder Berechtigung. Die Faszination des adelig Seins reduziert sich für den, der es ist, auf eine unübersichtlich große Verwandtschaft und einen Lodenmantel samt Jagerhuat im Schrank.

Weshalb, so fragt man sich, gibt es Menschen, die für so was bereit sind, Geld auszugeben? Es ist ja gerade das höchste Gut in einem Rechtsstaat, Bürger sein zu dürfen.

Die Erklärung wird wohl im seichten Gewässer des Angebertums zu finden sein. Wir leben in einer Möchtegern Gesellschaft, in der Villa, Yacht, Auto und neue Blondine etwas gelten. Und wenn man das alles schon hat, dann legt man halt noch mit einem adeligen Nachnamen nach.

Zefix aber auch das mit den Vornamen!

Bio Bio

Einmal im Monat muss ich in den Bio Markt. Ich brauche Hafer. Nicht etwa für meinen Gaul, sondern für mein Frühstücksmüsli. Es ist mir jedes Mal ein Angang, denn nirgendwo sonst fühle ich mich so deplatziert wie im Bio Markt.

Außer mir, einem übergewichtigen Barockmenschen, der das Leben und dessen Annehmlichkeiten liebt und lebt, sehe ich Bedenkenträger. Sie sehen alle besorgt aus. Etwa hier am Tee Regal die frühergraute schlanke Dozentin mit bernsteinfarbiger Hornbrille. Sie grübelt vor der Unmenge von Abnehm- Aufwach-, Gutelaune- und Wohlfühltees. Sie schaut mich vorwurfsvoll an, weil ich ohne zu zögern die Osterfriesenmischung greife. Ihr Mann guckt solidarisch, in dem Fall auch vorwurfsvoll. Er schaut und tut immer das, was die angetraute Dozentin vormacht. Sie ist das Alpha-Weibchen, er, wenn‘s hochkommt, ein Delta-Männchen. Neben Tee nehmen sie nur noch Karotten (roh) und natürlich Quinoa zu sich.

Hinter mir quengelt ein Kind, das sich an der nordindischen Pluderhose der Mutter festhält. „Ich will einen Lolli!“ Die Mutter verdreht die Augen, und gibt zu verstehen, dass sie ganz bestimmt nicht daran schuld ist, dass ihre Tochter derart unkorrekte Gelüste hat. Es muss der Einfluss der Oma sein, bei der der Vater das Kind an seinen Besuchstagen abgibt.

„Ich will aber einen Lolli!“ Die Mutter gibt auf. Sie greift ins Kinderregal, wo es tatsächlich einen Bio-Lolli gibt. Den kauft sie aber nicht. Sie wählt eine Packung auf der steht „Zum Naschen für Kids“ Auf dem Preisschild steht 3,48 €. Als die beiden zum Obststand entschwinden schau ich nach: Es sind 80 g Kürbiskerne drin. Kilopreis um die 42 €. Das ist Naschen auf hohem Niveau.

Vor dem Eierstand streitet ein veganes Paar. Dass sie es sind, steht auf ihrer Einkaufstüte. Komisch, dieses Mitteilungsbedürfnis. Aber darum geht es gar nicht. Der Vater weigert sich strikt, Eier zu kaufen. „Du weißt doch, wir nutzen keine Tiere aus!“

Nun, und das sollte für jeden Mann ein Warnsignal sein, versucht die Mutter mit säuselnder Stimme ihn zu überzeugen. „Es ist doch nicht für uns. Aber du weißt doch, der Kinderarzt hat gesagt, wir sollten in Hiobs Roggenschrotpfannkuchen wenigstes ab und zu ein Ei beimischen. Ein Kind braucht Substanz im Essen, hat er gesagt“

Man einigt sich auf ein Ei. Es wird in eine Sechserschachtel verpackt. „Diese Verpackungsexzesse bringen mich noch um den Verstand!“ Der Mann lenkt vom ursprünglichen Sujet ab, um seine Niederlage zu vertuschen.

Die Dozentin hat den Delta- Mann unterdessen zum Obststand geschickt. „Aber achte darauf, dass die Bio-Gurke nicht in Plastik eingepackt ist“ weist sie ihn lautstark an. Darauf durchsuchen alle andere ihren Einkaufskorb. Gottlob, die Gurke ist unverpackt.

Die Fleischtheke gibt es nicht mehr. Offenbar ist mit veganer Kosmetik mehr Umsatz zu machen.

Nun kommt meine Lieblingsphase des Einkaufs: Schlange stehen vor der Kasse. Dort sitzt Don Competente. Er ist liebenswürdig, hilfsbereit, immer zu einem netten Wort aufgelegt, aber er hat die Umständlichkeit erfunden. Hinzu kommt, dass er es sich zur Aufgabe gemacht hat, bei fast jedem Artikel den Kunden auf alternative, womöglich günstigere Angebote hinzuweisen. „Der Bio Emmentaler aus dem Allgäu ist heute billjer.“

Darauf nimmt die Mutter in der nordindischen Pluderhose den Käse, hastet zum Stand, über dem „Fromagerie“ steht. Die Tochter lässt sie unter der Obhut von Don Competente. Der steckt ihr erstmal ein garantiert Nicht-Bio-Bonbon zu. Dann kommt die Mutter mit dem selben Käse zurück. „Der Allgäuer war schon aus.“

Während sich die Käuferschlange bis zum Regal mit Bio-Schuhcreme staut, meint Don Competente: „Na, wenjstens ham wa’s versucht.“

Die frühergraute Dozentin stöhnt, ihr Mann tut solidarisch Gleiches.

General Mladic verurteilt

Das Gericht, das über die Verbrechen im Jugoslawien-Krieg urteilt, hat den General Mladić zu lebenslanger Haft verurteilt.

Das ist gut so und war notwendig.

Es gibt allerdings zwei Gründe, weshalb das Urteil nicht wirklich befriedigt:

  1. Kaum war das Urteil gesprochen, brandete in Serbien und in der serbischen Teilrepublik von Bosnien Herzegowina eine Welle der Solidarität mit dem Kriegsverbrecher auf. Seine Schuld wurde bestritten, er wurde als Held und Vorbild gefeiert. Der serbische Präsident Vučić ist dem nicht etwa entgegengetreten, vielmehr hat er sich dem angeschlossen. Solange das so ist, müssen die Beitrittsverhandlungen mit Serbien auf Eis gelegt werden.
  2. Das Tribunal tagte in den Niederlanden. Sogar der Vorsitzende war Niederländer. Zumindest das Zweite hätte vermieden werden müssen. Was die Welt offenbar vergessen hat, ist der Skandal, dass die Morde von Srebrenica unter den Augen der niederländischen UNO Truppen geschehen konnten. Schon damals hat man dieser Truppe entweder Unfähigkeit oder Feigheit vorgeworfen. Dass nun ein Niederländer dem Gericht vorsitzt, das den Mann verurteilt, dessen Verbrechen in Srebrenica erst durch das Wegschauen der NL-Truppe möglich wurde, gibt der ganzen Sache ein „Geschmäckle“.