Feetz und Fetz bei Gericht

Im Sozialkundeunterricht sagte der Lehrer zu unsrer grenzenlosen Wonne, es könne im Leben passieren, dass man in die Verlegenheit komme, zeugen zu müssen.

Nun, das mit dem Zeugen habe ich mit Anstand hinter mich gebracht, beide Kinder sind unterdessen erwachsen.

Aber Zeuge zu sein, das passierte mir vor einigen Tagen zum ersten Mal. Ich war beim Landgericht München geladen, ausgerechnet in dem Gebäude, in dem ich vor 46 Jahren meine mündliche Prüfung abgelegt habe.

Die Tür zum Verhandlungsraum war offen und ich hörte auf dem Gang, wie sich die Vertreter der Parteien gegenseitig abwechselnd Unfähigkeit, Schamlosigkeit und fehlendes Benehmen vorwarfen.

Beteiligt waren ein sehr bekannter Professor, der auch als Rechtsanwalt tätig ist, ein Kollege, der mit dem unnachahmlichen Singsang des Münchner Bildungsbürgertums redete und ein weiterer Kollege, dem der Ruf vorauseilt, ein Stinkstiefel zu sein.

Jemand wollte Schadensersatz haben für etwas, was mit Spanien zu tun hatte.

Deshalb war auch ein spanischer Professor geladen, der immer wieder betonte, dass er kein Jurist sei. Das hätten die Beteiligten aber auch so bemerkt.

Nun kam die Richterin, eine sehr hübsche junge Dame, deren Anblick mir mal wieder die Fährnisse meines Alterungsprozesse klarmachte. Sie belehrte uns, was sie beim Spanier aus sprachlicher Ökonomie darauf beschränkte, er dürfe nicht lügen.

Dann ging es los. Ich war als erster dran, was mit einer Klärung begann, denn ich war als Hans Reiher von Rotenhan geladen worden. In Folge versuchte der Kollege Stinkstiefel ständig mir das Wort im Munde umzudrehen und quatschte der Richterin dazwischen, die das Protokoll in ein Diktiergerät sprach.

Die beiden anderen Anwälte empörten sich pflichtschuldig und ließen erkennen, so was in ihrer langen Zeit der Berufsausübung noch nicht erlebt zu haben. Die Richterin ermahnte Don Stinkstiefel und mir gelang es, meine Aussage mit einigen kleinen anekdotischen Anmerkungen zu würzen. Ich hatte mir vorgenommen, das hohe Gericht zum Lachen zu bringen. Ich gestehe, das war mir wichtiger als die ganze ansonsten langweilige Aussage.

Dann kam der Nichtjurist dran. Ich bat, noch im Saal bleiben zu dürfen. Zu bedauern war die Dolmetscherin, die Sache war kompliziert. Der Professor berichtete von dem Urteil eines spanischen Gerichts, das er erkennbar falsch interpretierte, damit aber den panzern Prozess angestoßen hatte, weil er den Kläger mit seiner falschen Interpretation erst heiß gemacht hatte. Offenbar war er von der Hoffnung geleitet, er könne wissenschaftliches Prestige erwerben, wenn er die Sache an die große Glocke hängt. Während die Richterin diktierte, die Dolmetscherin übersetzte und geprüft werden musste, ob der Professor mit dem Protokoll einverstanden war, quatschte Don Stinkstiefel dauernd dazwischen und wurde richterlich vermahnt. Er aber quatschte weiter, bis die Richterin aufsprang, ihn anschrie und die Verhandlung unterbrach.

Danach bot sie an, sie als Richterin abzulehnen, wovon Don Stinkstiefel aber Abstand nahm.

Es ging echt rund. Nach drei Stunden musste ich leider zum Bahnhof. Schade eigentlich, ich hatte mich schon lange nicht mehr so wunderbar amüsiert.

Beim Hinausgehen bedankte ich mich bei der Richterin für drei Stunden Aktion-Kino.

Sie hat wieder gelacht!

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