Nichts gegen diesen Namen: Aber mal ehrlich: Damit kommt man in der Berliner High Society nicht weit.
Mandy hatte es auch sonst nicht leicht. Sie stammte aus Treuenbrietzen, tiefste Provinz, aber bestens überwacht – von ihrem Vater. Der war Leiter der dortigen Kreisparteischule und als solcher natürlich bei der Stasi.
Kein Wunder, nach der Wende machte sich Mandy auf, die Welt kennenzulernen. Sie strandete in Avignon in den Armen eines überaus charmanten Taxifahrers, der mit ihr über die Brücke tanzte, ihr das Palais des Papes zeigte, ihr die Sprache beibrachte und sich ums Verrecken nicht dagegen wehren konnte, dass ihn auch andere junge Damen charmant fanden.
Enttäuscht und lebenserfahren kehrte Mandy in ihr Heimatland zurück, streifte Treuenbrietzen nur kurz und versuchte ihr Glück in Berlin. Dort besuchte sie die evangelische Journalistenschule. Danach hangelte sie sich von Volontariat zu Volontariat durch die Redaktionen der Stadt. Man bescheinigte ihr Talent, mehr aber leider nicht.
Sie jobbte in einem der Nachtclubs von Rolf Eden (RIP) wo sie mitbekam, wie es zugeht bei Leuten, die Geld haben, selbstverdientes oder das des Herrn Papa.
Wie wichtig Bizeps, Tattoo, aufgespritzte Lippen und lässig liegen gelassener Autoschlüssel sind, dass auch die seriöseste Politikerin schwach werden kann, und dass so mancher Frauenheld zwischendurch auch gern in den Revieren des eigenen Geschlechts wildern geht, registrierte sie ebenso wie den Umstand, dass ständiges Naseputzen nicht unbedingt auf eine Erkältung zurückzuführen sein muss.
Ihr Wissen brachte sie zu Papier. Es verkaufte sich nicht schlecht. Nur eben nicht unter dem Namen Mandy Krosanke. Ein „nom de plume“ musste her, eigentlich ein „nom de guerre“ denn der Kampf um die besten Aussichtplätze derer, die die Klatschpresse beliefern, ist hart und unbarmherzig.
Mandy erinnerte sich an ihre Zeit in Frankreich und so ward sie geboren: „Ségolaine Belcour, Correspondant Social“ Die Franzosen haben es nicht so mit dem Gendern, da ist Korrespondent immer ein Korrespondent, zumal, und das sagte ihr ein angesehener Redakteur der Zeitschrift Gala: „als Tratschkorrespondent muss du in erster Linie Eier haben.“ (Excuse his french).
Hinfort verbrachte sie ihre Vormittage im Café Einstein unter den Linden. Wer kommt mit wem, geht aber allein hinein? Wessen Luxuskarre ist das, der vorhin ein Abgeordneter der Linken entstieg, und wo ist die Garage, in die der Grüne mit dem SUV reinfährt und mit dem Drahtesel wieder herauskommt?
Ségolaine erwarb sich einen Ruf als verlässliche Investigativtratsche. Das wurde recht gut bezahlt, reichte aber leider in keinem der Hauptstadtblätter zu einer eigenen Kolumne.
Macht nichts, dann spezialisiere ich mich eben auf feminine Gesellschaftsreportagen, vulgo Weibertratsch. Sie wurde bald zur Anlaufstelle für all diejenigen, die ihrer Kollegin eins auswischen wollten, oder die in eigener Sache Interesse daran hatten, dass irgendetwas publik werde. In aller Verschwiegenheit versteht sich. Solche Sachen veröffentlichte Ségolaine nie selbst und erwarb sich so den Ruf, man könne ihr etwas anvertrauen.