Meine erste öffentliche Lesung aus dem Roman „Allsberg 1871 Der Glanz der alten Zeit“ fand am vergangenen Freitag in Ebern statt, in den Frankenstuben, wobei die Festfolge bemerkenswert war: Am Nachmittag „a schöna Leich“ deren männliche Teilnehmer sich bis in die Abendstunden in der Wirtstube bei viel Bier gegenseitig versicherten, wie blöd ihre jeweiligen Arbeitgeber seien. Gleich anschließend meine Lesung. Nach Angaben der Veranstalter kamen etwa 250 Teilnehmer, die Polizei zählte allerdings nur 35.
Für mich war es berührend, festzustellen, wer alles kam: der Mammet und die Ingrid, Thomas Wagner, bei dessen Mutter wir lesen und schreiben gelernt haben, Verwandte aus Saarhof, Herr und Frau Dold, die in Rentweinsdorf unschätzbare Verdienste um die Musik erworben haben, Freundinnen vom Truschenhof, Elfi und Gert aus Königsberg. Er hat mich porträtiert. Auch die Honoratioren der Stadt waren da, vertreten vom Grauturm Apotheker Ehepaar.
Besonders gerührt haben mich zwei alte Damen, die sich bei mir vorstellten.
„Mei Vadder had fast alla Möbl in Schloss aufgebolsderd.“ Es war die Tochter vom Sattler May aus der Hirtengasse, der meiner Großmutter in Ebern auf der Strasse zugerufen hatte: „Gell, Frau Baron, die mehrschdn Kardoffln ham mr zwaa aa scho gassn.“ Verstanden hat sie ihn nicht, sie stammte aus der Neumark. Der Sattler May hat einmal meine Eltern dringend in seine Werkstatt gerufen. Da hatte er in einem alten Sofa ein vollständiges silbernes Besteck gefunden. Ich erinnere mich noch an ihn, er war mit und Kindern immer sehr nett.
Eine andere sagte, sie sei die Nichte vom Wasser Adl. Der hieß eigentlich Adam Schmitt und fuhr mit unsäglicher Langsamkeit den Brauerei-Hanomag durch den Landkreis und verkaufte von Haus zu Haus Limo (Wasser) und natürlich auch Bier. Als mein Vater meinte, er bräuchte jetzt einmal ein neues Bier Auto, drohte er mit Kündigung. Ihm verdanke ich meine Kenntnis des ehemaligen Landkreises Ebern. Ich liebte es, ihn auf seinen Fahrten zu begleiten. Seine Nichte und ich waren uns einig, dass das eigentliche Original seine Frau Karoline, die Schmitt‘s Kalina war: „A Guschn wie a Schwerd.“
Es war wie ein Eintauchen in meine so weit entfernte Jugend.
Veranstaltet wurde die ganze von Ursula Gräbe von der Leseinsel Ebern. Sie hat das toll gemach, ihr gilt mein besonderer Dank. Nebenbei erfuhr ich, dass sie bisher vergeblich versucht, jemanden zu finden, der oder die die Leseinsel weiterführt. Hier kann sich jemand etwas aufbauen, Stadtflucht ist doch gerade angesagt.
Ich habe den Rat meiner Verlegerin befolgt und wenig vorgelesen und viel erzählt. Das Publikum war so nett, an der richtigen Stelle zu lachen. Es wurde häufig gelacht. Das war mir wichtig, weil ich immer wieder feststelle, dass ganz viele Menschen fast nie lachen.
Natürlich kam auch mein BR-bashing gut an:
Do gibd’s Rebordderin von Bayrischn Rundfunk, wo über aussterbende Berufe berichded. In die Rhön is sa bei aan Schliednbauer ne den sei Weksdadd nei und hat „Griass eana“ gsechd. Sdelld euch bloss a mol vur, a gbürddicher Reggndörfer gehd auf Bad Dölds und inderviewd an oberbayrischn Lederhosnschneider!