Der Ministerpräsident des Bundeslandes, wo man alles kann, außer Hochdeutsch, wird ohne Zweifel in die Geschichte eingehen.
Sicherlich auch deshalb, weil er in dieser genderfrohen Zeit einen Begriff in die Diskussion geworfen hat, der sich beim besten Willen nicht gendern lässt, sogar der Versuch, ihn mit Sternchen zu versehen, scheitert kläglich.
In seinen beiden Aggregatszuständen ist der Waschlappen männlich.
Wollen wir uns hier dem textilen Waschlappen zuwenden, zumal anzunehmen ist, dass der Ministerpräsidenten ihn meinte, als er dazu riet, diesen wieder vermehrt zu nutzen.
Ich sehe den Waschlappen kritisch. Das mag auch daran liegen, dass unser Großvater meinte, jeder Junge müsse lernen, seine Toilette mit einem solchen Ding und einer Teetasse Wasser hinzubekommen. Begründung: „Im Felde“ hätte man auch nicht mehr zur Verfügung.
Unsere Mutter sah das anders und steckte uns jeden Abend in die Badewanne, wo wir etwas Palmolive Seife aufschäumen ließen, damit das Wasser trüb werde. Ja, und den Waschlappen machten wir auch noch nass. Ansonsten ribbelten wir den Dreck am Handtuch ab. Großvater, ohne Letzteres zu wissen, zieh seine Schwiegertochter, ihre Söhne zu Schweinen zu erziehen, womit er, wenn man es recht betrachtet, sogar Recht hatte. Später versuchte Mutter, die Folgen dessen mit generösen Gaben von Deo-Spray zu überdecken. In die nächsten Ferien kamen wir wieder müffelnd nach Hause, weil wir im Internat die Spraydosen an diejenigen verhökert hatten, die bereits hinter den Mädchen hersprangen. Die Fahrt vom Bamberger Bahnhof, wo wir abgeholt wurden, nach Hause musste mit offenen Fenstern und unter Verwünschungen seitens unserer Mutter zurückgelegt werden. Wir waren halt unserem Wahlspruch treu geblieben: „Ich wasche mich alle drei Wochen, ob es nötig ist oder nicht.“
Als Kind kam ich doch einige Male mit einem Waschlappen in Berührung, immer dann, wenn ich meine Patentante auf dem Saarhof besuchte. Dort gab es Kühe, Schweine, Unimogs, einen Misthaufen und einen Berg mit „Südn“, das ist die Spreu, die man vom Getreide trennt. Heute macht man damit tolle Sachen, damals, so glaube ich, mischte man sie unter das Futter für die Kälber. Wie dem auch sei, ich kam abends glücklich, stinkend, bis hinter die Ohren schmutzig und voller „Südn“ in den Kleidern ins Haus zurück. Noch vor dem Abendessen wurde vor dem Waschbecken im Schlafzimmer von Tante und Onkel ein Zuber hingestellt. Ich stand kurz darauf drin und wurde mit lauwarmem Wasser und einem Waschlappen, in den zuvor Palmolive Seife gerieben worden war, abgewaschen. Wenn meine Tante an den Beinen rubbelte, fror ich am Oberkörper und wenn sie das Handtuch holte, fror ich überall. Ich hasste es. Allerdings muss ich zugeben, dass dies Procedere dazu führte, dass ich wirklich sauber wurde.
Insgesamt aber, und da gebe ich dem Ministerpräsidenten Widerworte, ist vom Gebrauch des Waschlappens abzuraten. So ein feuchtes Ding in einem sommerlich-schwülen Badezimmer? Man mag gar nicht daran denken, was sich da an Mikroben und anderem Unsäglichen sammeln kann.
Frau Schorn, die in Personalunion im Rentweinsdorfer Schloss kochte und putzte, sah das alles pragmatischer: Wenn wir auf dem Topf gesessen hatten, wischte sie mit dem Putzlappen unseren Po ab. Dann putzte sie damit weiter Waschbecken, Badewanne und Armaturen.
Ich kann nur hoffen, dass der geneigte Leser verstanden hat, welche Gefahr vom Waschlappen ausgeht. Der Kontakt ist zu meiden.
Übrigens auch von dem in seinem menschlichen Aggregatszustand. Aber das ist ein weites Feld.