Wahrlich, wahrlich, ich bin keiner von denen, die von sich behaupten, immer alles im Voraus gewusst zu haben, und noch weniger gehöre ich zu denen, die glauben, von Politik wirklich etwas zu verstehen. Nur:
Erstens:
Gleich nach dem Fall der Mauer habe ich in einem Brief an meine damals noch lebenden Eltern vor dem Aufleben der Nazis in den „neuen Bundesländern“ gewarnt. Begründung: Die DDR hat sich immer als antifaschistisch empfunden und deshalb sah sie keinerlei Veranlassung die Naziverbrechen aufzuarbeiten, die Nazivergangenheit zu bewältigen. Der Erfolg war, dass die Jugendlichen vom Opa erzählt bekamen, wie schön es doch unter Adolf war, als man noch auf Russen schießen durfte. Das wäre im Westen auch so passiert, hätten uns die Auschwitz-Prozesse nicht wachgerüttelt.
Zweitens:
Als nach dem Fall der Mauer die Sowjetunion moralisch, militärisch und ökonomisch am Boden lag, war es einfach, die NATO und die EU nach Osten zu erweitern. Es war auch einfach zu unterstützen, dass viele der ehemaligen Teilrepubliken selbständig wurden. Das war eine öffentliche Demütigung des machtverliebten Apparats in Moskau. Dass Obama auch noch nachtrat, indem er das verbleibende Russland zur Regionalmacht erklärte, machte die Sache nicht besser. Dass „Moskau“ auf Rache sinnen würde, dass man dort den „status quo ante“ würde wiederherstellen wollen, war jedem klar, der schon einmal bei einer Rauferei von einem Stärkeren in den Schwitzkasten genommen worden war.
Drittens:
Viele Soldaten und Offiziere der Bundeswehr glaubten, mit dem Fall der Mauer sei ihre Aufgabe erfüllt, nahmen den Abschied und versuchten ihr Glück in der Privatwirtschaft. Wenn Strukturen zerfallen, wenn sich Militärbündnisse auflösen, entsteht ein Machtvakuum. Niemand weiß, wer davon der Nutznießer sein wird. Statt aufzupassen, genoss man die wohlige Wärme eines nur scheinbar erreichten Friedens (peace in our time, Chamberlain dixit). Man glaubte, es sich erlauben zu können, die Bundeswehr runterlottern zu lassen. Ich verstehe vom Militärischen nur wenig, allerdings habe ich mich immer gewundert, weshalb man über die nicht einsatzfähigen Hubschrauber lachte, statt all das als Alarmsignal zu verstehen.
Fazit:
Wenn ich Depp das so gesehen habe, dann ist davon auszugehen, dass die vielen, vielen Menschen, die gescheiter sind als ich das auch so gesehen haben.
Warum ist es an verantwortlicher Stelle so schwer, Einsicht zum Handeln werden zu lassen? Ich verstehe, meine oben angeführten persönlichen Einsichten auszusprechen, war lange Zeit politisch nicht opportun. Aber wir hätten uns die AfD erspart, wir hätten Russland aus der Schmollecke holen können und wir wären nicht wieder einmal nur „bedingt abwehrbereit“.