Als mein Vater in amerikanischer Kriegsgefangenschaft mit der Bahn von A nach B transportiert wurde, wollten alle, die sonst auch noch in diesem Zug reisten, den Feind sehen. Eine nicht enden wollende Prozession Neugieriger zog an seinem streng bewachten Abteil vorbei. Schließlich baute sich dort ein alter Farmer auf, schaute sich den Mann in der fremden Uniform genau an und dann sagte er: „I thought, all Germans are black!“
Von dieser vollkommenen Unkenntnis dessen, was außerhalb der USA los ist, berichteten immer wieder Freunde, die das Land besucht hatten. Da stünde in der Regionalzeitung, dass Mrs. Williams nach Boston gereist sei, um dort ihren Sohn zu besuchen, aber darüber, dass in Paris (France) ein neuer Präsident gewählt worden sei, darüber erführe der geneigte Leser nichts.
Als Europäer, das muss man zugeben, fällt es schwer, die schiere Größe der USA zu ermessen und zu verstehen. Und noch schwieriger ist es wohl, sich die unendliche Langweile vorzustellen, die in weiten Teilen des mittleren Westens herrscht.
Vor Jahren bin ich mit meiner Frau und guten Freunden von Denver nach Santa Fe im Auto gefahren. Auf halber Strecke machten wir in einer Stadt mit dem vielversprechenden Namen Trinidad Station, um einen Kaffee zu trinken. Ich erinnere mich noch heute an den Schock, den ich damals erlitt, denn ich hatte noch nie zuvor eine vergleichbare Ansammlung menschlicher Behausungen gesehen, wo so absolut nichts los war, wie dort, niente, nada.
Vor einer solchen Stadt kann man entweder fliehen oder man muss dort verwurzeln. Dann aber sollte man sich zufriedengeben mit dem, was vorhanden ist (nada) und vom Blick über den Zaun ist dringend abzuraten.
Abgesehen von dieser erlebten Trostlosigkeit ist das Land tatsächlich so groß und vielfältig, dass ein US Bürger es gar nicht nötig hat, sein Land zu verlassen.
Vergessen wir nicht, dass George Dabbljuh Bush zum ersten Mal außer Landes reiste, als er schon Präsident war.
Kurz, es gehört zum Selbstverständnis eines Amerikaners, zu denken, dass „Gods own Country“ alles hat und bietet, was der Mensch braucht. Der Rest der Welt mit seinen Verboten, Waffen zu tragen, seinen Sozialversicherungen, diesen Autos, die fast keinen Sprit verbrauchen, und anderem Zeugs, was die dort „Errungenschaften“ nennen, all das stört nur und ist zutiefst unamerikanisch.
Wenn man sich in die Gedanken eines Durchschnittsamerikaners hineinversetzt, dann war die die Epoche nach dem 2. Weltkrieg ein einziger Irrtum. Was hat mein Land auf der Weltbühne verloren? Das ist nur teuer und kostet unseren „boys“ das Leben. Wie kommen die da in Washington dazu, unsere Soldaten nach Vietnam, Afghanistan und Irak zu schicken? Was haben wir davon?
Insofern hat jetzt der 45. Präsident sein Land wieder dorthin geführt, wo eine schweigende Mehrheit es schon immer haben wollte: Sich selbst genügend und auf die eigene Stärke vertrauend.
Es war nur Zufall, dass N° 45 seine in unseren Ohren so peinliche Rede in Davos gehalten hat. Sie war für das Publikum zu Hause bestimmt, dem er davon erzählte, dass die USA jetzt wieder groß dastünden, und nachdem er`s den anderen mal so richtig gezeigt hätte, die Wirtschaft boome und man sich um sonst rein gar nichts Sorgen machen müsse.
Es ist in den Ohren seiner Wähler die Bestätigung dessen, dass die auf Multilateralismus aufgebaute Welt vor seiner Präsidentschaft den anderen nützt, nicht aber den USA.
Wenn man den geographisch und geschichtlich gewachsenen Hang zur Isolation vieler Amerikaner verstanden hat, dann ist das Verhalten ihres Präsidenten systemimmanent.