Wenn wir morgen aufwachen, gehört ganz Großbritannien nicht mehr zur EU.
Das führt zu mehreren Fragen, wobei die wohl wichtigste die ist, wann Teile des UK wieder eintreten werden, was zwangsläufig zum Ende des „United“ führen wird.
Nun stehen wir vor einem Jahr der Verhandlungen und es wird absehbar hoch hergehen. Schwierig wird es für Michel Barnier werden, er muss die Verhandlungen auf der EU Seite führen. Es wird schwierig, weil die Gefahr besteht, dass insbesondere in Handelsfragen die verbleibenden EU Staaten nicht an einem Strang ziehen werden. Die einen werden auf den freien Austausch von Dienstleistungen drängen und die anderen auf die Fischgründe um die Insel schielen. Es wird spannend.
Die EU sitzt ja auch wirklich in der Klemme: einerseits will sie nichts Böses für die Briten, andererseits darf das Ergebnis nicht so aussehen, als ginge es ihnen nach dem Brexit besser als vorher. Der Zusammenhalt der EU wäre dann gefährdet.
Und wie will man die Katalonien-Frage beantworten, wenn man ein abgetrenntes Schottland freudig in der EU begrüßt?
Die armen Spanier haben es ja sowieso jetzt schwerer: Wenn es hart auf hart kam, haben sie immer die Gibraltar-Karte gespielt und ihren Willen bekommen. Nun müssen sie sich bilateral mit London streiten. Da bleibt als Druckmittel nur noch, die in Spanien lebenden englischen Rentner schlecht zu behandeln. Aber wer will das schon? Ganze Landstriche an der Mittelmeerküste leben von dem Geld, das die Briten dort ausgeben.
Auch für Frankreich und Deutschland wird es schwieriger. Die verbleibenden zwei Großen sind künftig auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen, wollen sie nicht riskieren, die EU zu blockieren. Erfreulich ist, dass die “Mittelmächte“ wie Polen und Spanien nun mehr Einfluss bekommen werden. Wenn Italien aufhört, Chaos mit Staatskunst zu verwechseln, kann auch die Apennin Halbinsel zu denen gehören, die das weggefallene Gewicht der Briten ersetzen.
Es gibt aber auch Erfreuliches, zumindest gibt es Hoffnung darauf: Es sieht so aus, als ob für den widerlichen Opportunisten Nigel Farage jetzt kein Platz mehr auf der politischen Bühne ist. Wenn wir den Kerl nichtmehr sehen und hören müssten, das wäre doch wirklich eine feine Sache!
Insgesamt wird es ab morgen in der EU trauriger zugehen, als bisher. Ich denke da nicht nur an den englischen Humor, sondern an die vielen durchaus berechtigten Eigentümlichkeiten unserer britischen Mit-Europäer.
Diese hat ein von mir sehr geschätzter Wiener Kollege, nach zwei Tagen Seminar in Nottingham, an denen er wegen des Linksverkehrs fast überfahren worden wäre, an denen er mit den Knöpfen im Aufzug gekämpft hatte, an denen er sich stets Pfeffer statt Salz aufs Frühstücksei gestreut hatte, wie folgt zusammengefasst:
„A Bisserl an Schuss ham’s schon, die Briten.“
Er wusste damals noch nicht, wie Recht er behalten sollte.