Was ist eigentlich Patriotismus?

Kommt von „patria“, Heimat. Sie ist mir schon in meiner frühesten Jugend begegnet als Werbespruch:

Bleib deiner Heimat treu, trink Rotenhan Bräu!

Patriotismus habe ich später in dreifacher Ausführung kennen lernen dürfen, den der Schweizer, den der Spanier und den der Deutschen.

Im CH-Land ist das ganz einfach: Alles in der Schweiz ist gut, richtig und schön, und wenn jemand eine Sauerei aufdeckt, dann ist er entweder ein Nestbeschmutzer oder ein „Uuslander“.

Spanischer Patriotismus geht anders: Alle sind sich einig, dass man nirgendwo besser lebt als im Land Spanien. Alle sind sich einig, dass der Staat Spanien ein Saustall ist, aber keiner ist bereit, etwas dafür zu tun, dass sich daran etwas ändert.

Mit Deutschland ist das – wie so meist – schwieriger. Als ich noch ein Kind war, gab es noch Reste von Patriotismus à la erste Strophe Deutschlandlied. Dem stand entgegen, dass meine Generation so gut wie kein Gefühl zu unserer Heimat hatte. Wir fanden, mit dem Begriff Patriotismus sei im 20. Jahrhundert schon genügend Schindluder getrieben worden, als dass man derlei haben müsse.

Es war ja auch schwierig! Seit 1914 waren die Deutschen immer die Bösen gewesen und zu allem Übel gab es auch noch zwei Deutschlands. Wir waren natürlich davon überzeugt, dass unser Deutschland das bessere sei. Als wir aber begannen nachzudenken, wurde uns klar, dass unsere Altersgenossen in der DDR im Zweifel annahmen, ihr Deutschland sei das bessere.

Irgendwie war das eine komplizierte Gemengelage und da war es die einfachste Lösung, auf den Patriotismus zu pfeifen. Und siehe da, es ging auch so. Es ist möglich, in einem Land zu leben, ohne auf dieses Land stolz zu sein.

Ist aber mit „Stolz auf mein Land“ Patriotismus hinreichend erklärt? Sicher nicht, denn als wir in den 60er Jahren begannen, unser Fühler über den Rhein, den Ärmelkanal oder die Alpen auszustrecken, bekamen wir zu ersten Mal zu spüren, dass es Menschen gibt, die der Ansicht sind, als Deutscher habe man keinen Grund, auf sein Land auch noch stolz zu sein.

Mit dem Erwachsenwerden bemerkten wir dann, dass Patriotismus uns weiter fremd blieb, aber wir stellten fest, dass wir Patrioten geworden waren. Wir waren dem Land dankbar, in dem wir unter geordneten Verhältnissen groß geworden sind, studieren konnten und sicher waren, einen Arbeitsplatz zu finden. Wenn wir Verwandte in der DDR besuchten, wenn wir mit dem Auto nach Polen oder Ungarn fuhren, dann stellten wir immer wieder fest, wie schön es ist, frei zu sein und als ich in Nordafrika war, wurde mir der Wert der Abwesenheit von Armut erstmals real bewusst.

Heute ist es wichtiger als je zuvor, darauf zu achten, dass Patriotismus nicht in Nationalismus umschlägt. Letzterer ist eine Ausschlussideologie und geht in der Regel mit Gebrüll einher. Ein Patriot ist eher still. Er muss nicht andauernd seine Identität hinausposaunen. Er steht zu dem Land, in dem er lebt, wobei es nicht notwendig ist, dass er auch dessen Staatsangehörigkeit besitzt.

Ein Patriot bricht allerdings dann sein Schweigen, wenn er bemerkt, dass das friedliche Zusammenleben in seinem Land gefährdet ist.

Mitterand hat einmal seinen Wahlkampf unter das Motto „La force tranquille“ gestellt. Ich glaube, er meinte mit der ruhigen Kraft eines Landes und seiner Bewohner den Patriotismus, den es braucht, um für sein Land einzustehen und dessen Werte zu verteidigen.

 

 

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