Als der eiserne Vorhang brüchig zu werden begann, besann man sich in Spanien wieder der alten Kolonie, dem sagenumwobenen, ja paradiesischen Kuba. Die Reisenden kamen mit Berichten nach Hause, die besonders die männliche Bevölkerung zu dem Entschluss brachten, auch einmal in dieses gelobte Land reisen zu müssen. Plötzlich gab es ab Madrid und Barcelona Direktflüge nach La Habana und meine beiden Partner in der Kanzlei, der eine noch ledig, der andere frisch geschieden, überlegten, dort eine Dependance aufzumachen, das hätte ja auch den Vorteil, dass die Flüge steuerlich absetzbar wären.
Es wurde nichts daraus, aber andere setzten die guten Vorsätze um, so nahm ein Notar einen Lehrauftrag an der Universität der Hauptstadt an, ein anderer beteiligte sich an einer Mineralwasserquelle. Wichtig war nur, einen Grund zu haben, öfters hinfliegen zu können, ja zu müssen.
Wenn Fidel stirbt, kommt die Nacht der langen Messer. Nur wer schon vorher dort ist, wird auch bleiben können. Das war die Devise.
Nach einigen Semestern besuchten den Lehrbeauftragten erste Praktikantinnen in seinem Notariat in Palma, und lernten mit Erstaunen, was Eigentum ist und dass man es übertragen kann.
Seltsamerweise waren es stets Damen, die sich dadurch auszeichneten, dass sie, um es milde auszudrücken, visuell wenig hergaben. Ich fragte den Notar, ob es auf Kuba nur Hässliche zur Notarin bringen könnten, worauf er nur antwortet, nein, nein, die Hübschen machten andere Sachen.
Als wenige Jahre später der eiserne Vorhang in Europa gänzlich verschwand, breitete sich sehr bald die gute Mär aus, in Prag, der goldenen Stadt an der Moldau herrschten ähnliche Zustände wie im doch etwas entfernt gelegenen Kuba. Bald gab es Charter Flüge zwischen Palma de Mallorca und Prag. Man könne am Freitagabend hinfliegen und am Montag in der Früh sei man schon wieder an seinem Arbeitsplatz.
Da machten sich auf auch Rafa und Pepe in das tschechische Land zu der Stadt die da heißet Praha.
Nun ist es ja so, dass bis vor wenigen Jahren die Kenntnis von Fremdsprachen in Spanien – besonders unter Akademikern – wenig verbreitet war. Die Kellner an der Playa de Palma konnten besser ausländisch als alle Ärzte, Anwälte und Steuerberater der Insel zusammen.
Die Sprachbarriere, die zunächst als Hindernis angesehen wurde, konnte bald geknackt werden, als sich nämlich herausstellte, dass es in Prag junge Damen gab, die im Zuge der brüderlichen und sozialistischen Hilfe Fidel Castro geholfen hätten, dessen Vorstellungen von Kommunismus in die Tat umzusetzen.
Ihr müsst nur in eine Bar gehen und lauft spanisch sprechen, das haut immer hin, denn eingeladen werden wollen sie alle.
Das klappte auch bei Rafa und Pepe hervorragend, bald schon kamen sie mit zwei bildhübschen Frauen ins Gespräch. Man tanzte, die Korken flogen nur so aus den Krimsektflaschen und schließlich landeten die vier in einem angesagten Restaurant, wo bei viel tschechischem Bier und gutem Essen das Weitere vorbereitet werden sollte.
Man redete über dies und das und dann machte Pepe den Fehler, davon zu sprechen, welches Glück die beiden Maiden doch hätten, dass der bekloppte Sozialismus endlich vorbei sei.
Die Minen der beiden Tschechinnen verfinsterten sich. Es stellte sich heraus, dass sie bei der kommunistischen Partei gearbeitet hatten, ein Traumjob, der leider bedingt durch die Zeitläufte verloren gegangen sei.
Pepe und Rafa befürchteten bereits, der investierte Schampus, die menschliche Zuwendung und die Powidl Datschgerln, die gerade zum Nachtisch serviert wurden, wären umsonst investiert worden, als Rafa eine rettende Idee hatte.
Er erhob sein Bierglas und rief laut in den Speisesaal hinein:
Viva Fidel Casto!
Da konnten auch die Ex-Sekretärinnen einstimmen, der Abend war gerettet und Pepe und Rafa erzählten noch wochenlang davon, dass Prag tatsächlich golden sei.