Die deutsche Presse schreibt ständig vom Erdrutschsieg, der dem Premierminister Johnson eine so komfortable Mehrheit im Unterhaus beschert hat.
Das ist zweifellos richtig, und man nur froh sein, dass dem so ist, damit endlich das Gezerre um den Brexit aufhört.
Dessen ungeachtet bleibt der Brexit eine der größten politischen Dummheiten des 21. Jahrhunderts, da gehe ich mit dem John Club einig. Der besteht aus Elton John, John le Carré, John Bercrow und John Rotenhan.
Die Sache mit dem Erdrutsch verdient allerdings eine etwas nähere Betrachtung. Es ist nämlich so, dass die Tories zwar die absolute Mehrheit der Sitze bekommen haben, nicht aber die Mehrheit der Stimmen. Tatsächlich haben mehr Briten für Labour, Liberale und schottische Nationalisten gestimmt als für die konservative Partei.
Das britische Wahlsystem hat außer in den vergangenen Jahren stets für ein stabiles politisches System im Vereinigten Königreich gesorgt. Und mit der ihnen eigenen Disziplin haben die Briten die damit einhergehenden Ungerechtigkeiten ausgestanden.
Das britische Wahlrecht ist wirklich extrem ungerecht. Ich will es an einem Beispiel erklären:
Nehmen wir an, der Wahlkreis XY hat 100.000 Wahlberechtigte. Es stellen sich vier Kandidaten zur Wahl. Kandidat A und B bekommen je 25.000 Stimmen, Kandidat C bekommt 24.999 Stimmen und Kandidat D bekommt 25.001 Stimmen. Dann hat Kandidat D den Wahlkreis gewonnen und zieht ins Unterhaus ein. Allerdings fallen 74.999 Stimmen unter den Tisch und werden in keiner Weise berücksichtigt.
Dies erklärt, weshalb Johnson zwar im Unterhaus gewonnen hat, nicht aber auf der Straße.
Ich halte es für besorgniserregend, wenn in einer Frage, die schon bisher ein Land gespalten hat, nun Nägel mit Köpfen gemacht werden und mehr als die Hälfte der Wähler Parteien gewählt haben, die entweder gar nicht oder nur ein Bisschen für den Brexit waren.
Wie gesagt, es ist gut, dass nun das Gezerre aufhört. Ob das dabei erzielte Ergebnis dem Land gut tun wird, bleibt abzuwarten.