Als ich vor fünf Jahren nach Deutschland zurückkehrte hatte ich nicht erwartet, das Land wiederzufinden, das ich 36 Jahre zuvor verlassen hatte.
In der Zwischenzeit war ja auch viel passiert, um nur das Wichtigste zu nennen: 16 Millionen DDR Bürgern wurde nach 40 Jahren kommunistischer Diktatur und davorliegenden 12 Jahren Nazi Terror endlich die Freiheit zurückgegeben.
Als damals die Mauer fiel, bin ich aus Neugierde, immer wenn ich konnte, zu kleinen Abstechern in die damals noch bestehende DDR gefahren. Ich erinnere mich, dass in der Innenstadt von Eisenach ein riesiger Schuttberg zusammengeschoben worden war. Da waren Wohnhäuser eingestürzt.
Und ich erinnere mich an einen Besuch beim Bürgermeister von Hildburghausen, den ich fragte, was er dann machen werde, wenn er bei den bevorstehenden Wahlen vermutlich nicht in seinem Amt bestätigt werden würde. Die Antwort: „Naja, auf der Parteischule haben wir ja den Kapitalismus auch gelernt.“
Beide Erlebnisse sagten mir: Es wird schwer werden. Es wird schwer werden, all das in den Städten wiederaufzubauen und es wird schwer werden all das in den Köpfen wieder abzubauen.
Und so war es ja dann auch: Riesige Anstrengungen wurden unternommen, um die Infrastruktur des Landes zu stärken, kaputte Städte zu reparieren und schier verlorenes Kulturgut zu retten. Offenbar war es ein Irrtum zu glauben, das Materielle zu richten, werde auch das Immaterielle richten.
Den Erfolg sehen wir heute darin, dass die Parteien, die den beschriebenen „Aufschwung Ost“ initiiert haben, ums Überleben kämpfen und Parteien, zu deren politischem Erbgut die Erzeugung und Aufrechterhaltung von Unzufriedenheit gehört, weit mehr als 40% der Stimmen bekommen.
Nun gut, dass die ehemaligen Kommunisten meckern würden war klar. Aber woher kommen 23 % Stimmen für eine Partei, deren Spitzenkandidat ein gerichtlich geprüfter Faschist ist?
Woher kommen all diejenigen, die unvermittelt den Hass auf Juden aus der geschichtlichen Mottenkiste ziehen?
Ich fand es gestern Abend vor dem Fernseher sitzend fast unerträglich, dass auf allen Kanälen immer wieder das Gesicht dieses Mannes erschien, der das Holocaustdenkmal ein Schandmal nannte, er davon schwafelt, die Deutschen müssten ihr Land zurückholen, der die Unverfrorenheit besitzt zu behaupten, seine Partei vollende die Wende und der nicht nur ein Faschist geheißen werden darf, sondern der auch ein Faschist ist.
Ein Faschist ist per definitionem ein Verfassungsfeind. Was hat so ein Mann im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu suchen?
Okay, er wurde als Repräsentant einer Partei interviewt, die demokratisch gewählt mit 23 % in den Thüringer Landtag einzieht. Dessen ungeachtet sollte es uns zu denken geben, was es bedeutet, dass in den diversen „Elefantenrunden“ ein Faschist neben den Vertretern demokratischer und verfassungstreuer Parteien steht.
Der Schoss ist fruchtbar noch…