Ja, es ist wahr, all die, die AfD nicht gewählt haben, haben demokratisch legitimierte Parteien gewählt. Ich schließe da die Linke absichtlich ein, denn wie der von mir sehr geschätzte Heribert Prantl heute in der SZ sagt, hat sich die Linke in den vergangenen 30 Jahren auf die Demokratie zubewegt, während sich die vor 6 Jahren gegründete AfD von dieser immer mehr entfernt.
Ich muss gestehen, dass die Erkenntnis, dass 77 % die AfD eben nicht gewählt haben, mich in keinster Weise tröstet. Die schiere Anwesenheit der AfD ob sie nun von 8% oder von 23 % der Wähler in die Parlamente gebracht wurde, ihre schiere Präsenz, hat zu einer beispiellosen Verrohung der Sprache geführt. Da fielen plötzlich alle Schranken frommer Scheu und Vokabeln, die vormals als die der Unmenschlichkeit galten oder ganz einfach mangelnden Anstand anzeigten, wurden peu à peu salonfähig.
Wir wissen längst, dass diejenigen, die brutal reden, brutal denken und potenziell auch brutal handeln. Halle ist nur ein bisher letztes beschämendes und verabscheuungswürdiges Beispiel.
Es nutzt eben nichts, sich mit den 77% Nicht-AfD-Wählern zu trösten. Der Schaden ist längst angerichtet. Es ist wie ein mit Jauche vollgelaufener Keller, er stinkt gleich schrecklich, ob die Brühe nun 8 cm oder 23 cm hoch steht. Und selbst wenn der Keller leergepumpt ist, wird es noch lange stinken.
Was so erschreckt, ist, dass ganz offensichtlich weite Teile der in Deutschland lebenden Menschen nichts davon wissen, dass nur 12 Jahre Nazi Diktatur genügt haben, um Millionen von Juden zu entehren, zu enteignen, zu quälen du am Ende umzubringen. Wie kann es sein, dass unser Schulsystem derart versagt, dass der wichtigste Bestandteil der „nie wieder“ Rufe bei vielen Mitbürgern nicht angekommen ist? Der Verdacht ist wohl nicht ganz abwegig, dass so Mancher dieser Unwissenden gar nicht wissen will, was in der Nazi Zeit passiert ist.
Es tröstet mich auch nicht, wenn immer wieder gesagt wird, nicht alle, die AfD gewählt hätten, teilten die radikalen, die populistischen, die braunen Programmpunkte dieser Partei.
Viele meiner Verwandten waren keine Nazis. Aber sie sind der Partei beigetreten, weil sie merkten, dass diejenigen die drin waren, bei der Verteilung von Saatgut, bei der Zuteilung durchaus willkommener Zwangsarbeiter und Kriegsgefangener besser wegkamen. Unter dem Motto „Ich lass mir doch von den Scheiß Nazis den Betrieb nicht kaputtmachen“ traten sie der Partei bei ohne Nazi zu sein und legitimierten so die Partei.
Alle diejenigen, die, ohne rechtsradikal zu sein, AfD wählen, müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie so diesen Haufen legitimieren.