Ich habe schon davon berichtet, dass es unter den ausländischen Residenten auf Ibiza keine Nachnamen gab. Der Vorname musste ausreichen, allerdings geschmückt mit einem Beinamen. Da gab es den Sülzen Hans, der einmal groß zu einer Sülze eingeladen hatte, die ihm aber gigantisch misslang. Der Objekte Horst, er wurde von einer bayerischen Gräfin ausgehalten, verarbeitete die Korken der Weinflaschen, die er mit seiner Gönnerin leerte, zu Kunst, die er allerdings nie verkaufen konnte.
Dann gab es den Klaus von der Helga und den Friedhofs Klaus. Der wohnte neben dem Friedhof von San Agustín. Seine Freundin verblüffte mich eines Tages auf der Straße, denn sie trug meine Lederkniebundhose. Es stellte sich heraus, dass meine Frau das gute Stück am Samstag zuvor auf dem Flohmarkt im British Pub verhökert hatte. Sie fand, dass eine Kniebundlederhose mit dem Geist Ibizas nicht vereinbar sei, womit sie Recht hatte.
Eines Tages erschien ein weiterer Klaus auf der Bildfläche. Er ließ sich von Britt aushalten. Die Dame behauptete, bei Springer gearbeitet zu haben. Da ich damals gerade versuchte, die “Ibiza Wochenzeitung“ zu einem Erfolg zu machen, stellte ich sie ein. Es stellt kam bald heraus, dass sie bei Springer einen kosmetischen Ratgeber verwaltetet hatte. Schreiben konnte sie nicht, hatte aber aus einer glücklich geschiedenen Ehe genügend Mittel zur Verfügung, um sich und Klaus zu ernähren.
Nachdem ich Britt wegen manifestem Nichtskönnen entlassen musste, erschien ihr Klaus in der Redaktion und erklärte mir, ich könne teilhaben an seiner baldigen Eigenschaft als Millionär. Ich müsse nur, allerdings ohne Zahlung, in der „Ibiza Wochenzeitung“ redaktionelle werbende Artikel veröffentlichen, denn er habe das ultimative Mittel gegen Schlafstörungen erfunden, den Schlafstuhl.
Fürs Wochenende lud er alle ausländischen Residenten von den Hecken und Zäunen zu sich auf Britts Finca ein, um den Schlafstuhl auszuprobieren.
Als wir dort ankamen, begrüßte mich Britt kühl und wies auf die „era“ den Dreschplatz. Dort stand unter einem Baldachin die Erfindung, ein etwas klobiger Sessel, der mit einem Schafspelz gepolstert war. Neben dem Ding stand ein Citroën 2 CV, dessen Motor ratterte. Der Schlaf Klaus, so hieß er unterdessen, erklärte, Britts Finca habe keinen Stromanschluss, der Schlafstuhl liefe aber mit Strom, und müsse daher an die Batterie des „Döschwoh“ angeschlossen werden. Eine leicht bekleidete Freundin von Britt räkelte sich unterdessen auf dem Schlafstuhl und gab grunzende Laute des Wohlbefindens von sich, nachdem der Schlaf Klaus den Schalter umgelegt hatte und sich seine Erfindung in wiegende Bewegungen setzte.
Durch sinnreich aneinandergefügte ovale Zahnräder und verbogene Achsen erreichte der Schlaf Klaus die Mobilität seiner Erfindung. Ich kannte derlei aus meiner Jugend, als ich mit meinem Metallbaukasten Erfahrungen sammeln durfte, was passiert, wenn man gebogene Achsen und durch Drauftreten oval gewordene Zahnräder verbaut. Ich traute dem Frieden nicht und als ich das Ding einer Probe unterzog wurde ich nicht schläfrig, aber immerhin wurde mir schlecht.
Machen wir es kurz: Der Schlaf Klaus hatte mit seinem Schlafstuhl eben so wenig Erfolg wie der Objekte Horst mit seinen Objekten.
Einige Wochen später erschien er wieder in der Redaktion. Ja, die blöde Britt habe ihn rausgeworfen, und nun sei er mittellos, es sei denn, ich würde in spanischer Sprache einen Antrag an die Gemeindeverwaltung von Ibiza stellen. Er habe eine Idee, die der touristischen Entwicklung der Stadt auf die Sprünge helfen würde: Er wolle im Tor zur befestigten Oberstadt Kartoffelpuffer braten.
Der Antrag wurde abgelehnt. Als der Schlaf Klaus dennoch auf der Straße Kartoffelpuffer briet und sogar einen beachtlichen Absatz verzeichnen konnte, wurde er verhaftet. Nach zwei Tagen entließ man ihn. Im „calabozo municipal“ hatte er Läuse aufgesammelt und schimpfte wie ein Rohrspatz auf die Scheiss-Ibicencos. Danach ward er nie wieder gesehen.