Versagen auf allen Ebenen

Alle wissen wie es geht: Das Volk wählt die Abgeordneten, diese wählen den Regierungschef und das Ganze wird von Richtern kontrolliert.

Man nennt das Gewaltenteilung. So funktionieren die demokratischen Staaten der Welt

Warum das dort, wo sich einige dieser Staaten zur EU zusammentun, nicht gelten soll, ist unklar.

Warum es bei der Wahl des Präsidenten der Europäischen Kommission anders sei soll, versteht nur, wer resignierend einsieht, dass sich so die Regierungschefs der EU eine Lizenz zum Kungeln erteilt haben.

Zwar ist es richtig, dass weder Weber noch Timmermans, die beiden Spitzenkandidaten bei den Europawahlen im Parlament eine Mehrheit hatten. Daran schuld ist am wenigsten der Wähler. Verantwortung tragen die im europäischen Parlament vertretenen Parteien. Erst durch ihre Unfähigkeit, ihre Stimmen auf einen der beiden Kandidaten zu konzentrieren, haben sie den Regierungschefs die Möglichkeit gegeben, so zu handeln, wie ich es aus meiner Zeit in der Schülermitverwaltung kenne: Die Kleinen da unten können sich nicht einigen, also übernehmen jetzt wir, die Lehrer.

Der Eindruck, Macron hätte darauf von vornherein hingearbeitet, macht sich breit. Und der Verdacht, er habe das deshalb getan, weil er der Bundeskanzlerin eins auswischen wollte, ist nicht von der Hand zu weisen. Es muss ja auch frustrierend sein, wenn der Präsident der „Grande Nation“ seit Amtsantritt von Frau Merkel vor den Augen der Welt immer dann übersehen wird, wenn er einen Vorschlag zur Reform Europas macht. Es verwundert, dass Paris wegen dieser unerträglichen Arroganz aus Berlin nicht schon viel früher in die Trickkiste gegriffen hat.

Immerhin, im Europäischen Rat machte man den Versuch, das Prinzip „Spitzenkandidat“ zu retten und einigte sich auf den Sozialisten Timmermans. Hony soit qui mal i pense, aber es scheint, als sei es der Bundeskanzlerin leichtgefallen, auf Weber zu verzichten.

Nun also stand Timmermans strahlend auf dem Schild. Was dann geschah, ist schier unfassbar: Polen, Ungarn und Tschechien lehnen diesen Mann ab mit der Begründung, der Schuft habe es gewagt, nachprüfen zu lassen, ob bei ihnen zu Haus alles mit rechten Dingen zugeht. Sekundiert werden sie von der Slowakei, wo kritische Journalisten um ihr Leben bangen müssen und von Italien, wo ein ganzes Land von seinem Innenminister einer „enculination générale“ (excuse my french) ausgesetzt wird.

Wir sind also unterdessen so weit gekommen, dass die Hühnerdiebe den Staatsanwalt verhindern können.

In dieser Situation des „rien ne va plus“ wird nun Ursula von der Leyen aus dem Hut gezaubert.

„Ja, irgendetwas musste doch angesichts der Lage passieren!“

Unter diesem Motto und nur unter diesem Motto kann man die Nominierung der Bundesverteidigungsministerin verstehen.

Das Schlimme ist, dass es unterdessen überhaupt nicht mehr darum geht, ob die Dame für das Amt geeignet ist oder nicht.

Die demokratische Glaubwürdigkeit Europas ist nachhaltig beschädigt worden. Nun liegt es an den Parlamentariern in Strassbourg, von der Leyen nicht zu wählen, damit sie uns Wählern noch in die Augen schauen können.

 

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