Das fürstliche Hosentürl

Als sich nach dem Krieg die Amerikaner als Besatzungsmacht in Bayern und Hessen etabliert hatten, erging ein strenges Gebot, sich mit der deutschen Bevölkerung  nur ja nicht einzulassen. „Non fraternization“ wurde das genannt.

Das Verbot hielt nicht lange und so haben meine Eltern noch vor der Einführung der D-Mark den Standortskommandanten aus Bamberg zum Tee eingeladen.

Man war sehr aufgeregt, auch deshalb, weil ein Zwetschgendatschi gebacken worden war. Damit aber nicht genug, meine Mutter hatte einen viertel Liter Sahne aufgetrieben und es sollte zum ersten Mal nach langer Zeit Schlagsahne geben.

Der Jeep fuhr auf dem Schlosshof vor und die Dorfjugend versammelte sich um den schwarzen Chauffeur des Offiziers:

„A Neechä in Rammlsdörf, glabsdes!“

Der Tee wurde auf der Altane gereicht. Man machte Konversation und die Geschmacksfäden reichten bereits bis zur Kinnlade, weil alle darauf warteten, nach dem Ami auch ein Stück Zwetschgendatschi mit Schlagsahne zu bekommen.

Zum namenlosen Entsetzen der Anwesenden ergriff nun der Gast die Schüssel mit dem weißen Stoff der Begierde, leerte deren Inhalt auf seinen Teller und sagte: „Oh, Ilike the cream!“

Während die Dorfjugend von den Amis schwärmte, weil der „Neechä“ Kaugummi verteilt hatte, war die Stimmung im Schloss gehaltener. Unsere Großmutter brachte es auf den Punkt: „Wenn sich einer schon so breitbeinig hinsetzt…“

In etwas größerem Stil feierte man wenig später in Würzburg die Annäherung an die Besatzungsmacht. Es wurde in die jüngst wieder aufgebauten Hutten Säle in der Sanderau geladen und alles was Rang und Namen hatte kam. Man trug langes Kleid, Galauniform und Frack, wobei man die Orden tunlichst zu Hause gelassen hatte.

Einer der fränkischen Fürsten wurde auserkoren, mit der Frau des Standortskommandanten den Eröffnungswalzer zu tanzen, während der amerikanische Offizier die Fürstin auf die Tanzfläche führte.

Diese bemerkte während die blaue Donau beschworen wurde, an ihrem Ehemann einen Toilettenfehler und im Vorbeitanzen flüsterte sie ihm zu, er solle seinen Hosenstall zumachen.

Der Fürst, ganz Mann von Welt, führte mit der rechten Hand weiter seine Dame durch die Donauauen, während er mit der Linken versuchte, die Unschicklichkeit zu beenden.

Als die Musik verstummte, bemerkten beide, dass sie sich nicht voneinander trennen konnten. Der Fürst hatte versehentlich den Stoff des langen Kleides der Kommandeuse mit eingeknöpft.

Eine an Peinlichkeit nicht zu überbietende Situation.

Während die Fürstin von ihrem Tänzer schicklich zu ihrem Tisch zurückgebracht wurde, standen die anderen vor Schreck gelähmt mitten auf er Tanzfläche, und wussten nicht, was zu tun sei.

Irgendwann bemerkte einer der Anwesenden, was da passiert war, und rettete die Situation mit dem lauten Ruf:

„Walzer für alle1“

Die Tanzfläche füllte sich, und das zusammengeknöpfte Paar tanzte hinaus in die Garderobe, wo das Malheur behoben werden konnte.

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