Ein Fest für die Freiheit

 

Es gibt Juristen, die halten daran fest, dass mit dem allgemeinen Teil des BGB an sich schon alles gesagt sei, Schuldrecht, Sachenrecht, Erbrecht und Familienrecht seien eigentlich nur Auslegungen des allgemeinen Teils für die Doofen, die diesen nicht verstanden haben.

So ähnlich ist es mit dem Grundgesetz. Mit dem Artikel 1 ist an sich schon alles gesagt, der Rest sind zwingende Folgerungen aus der Feststellung „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Das hat gestern das Bundesverfassungsgericht in wunderbarer Weise klargestellt: Digitale Kontrollen von Autokennzeichen „ins Blaue hinein“, sind mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

Es gibt auch das Recht darauf nicht nur unschuldig zu sein, sondern sich auch so zu fühlen und sich frei zu bewegen, ohne dass der Staat davon etwas weiß.

Mancher wird dazu sagen, dass es ihm doch piepe ist, wenn die Polizei sein Nummernschild fotographiert. Es wird sowieso gleich wieder getilgt, da gegen ihn ja nichts vorliegt. Fürchten muss derlei Tun des Staates doch nur der Bösewicht, und das zu Recht. Wo kommen wir hin, wenn verfassungsrechtliche Fisimatenten einen starken Staat behindern?

Zur Erinnerung: Das Grundgesetz soll nicht en Staat vor dem Bürger schützen, sondern umgekehrt, es schützt den Bürger vor staatlicher Übergriffigkeit.

Das Geschwätz des österreichischen Innenministers, wonach Gewaltenteilung gar nicht so wichtig sei, gehört zur täglichen winzigen Dosis Arsen, die als Einzelne nicht nachweisbar ist, in Gänze aber eben doch zum Tod führt.

Wir haben uns angewöhnt, die Verteidigung der Demokratie auf den Staat abzuwälzen. Das heißt den Bock zum Gärtner zu machen, denn der Staat und seine Funktionsstellen können ganz legal usurpiert werden, Beispiel Innenminister Kittl. Auch Hitler ist durch Wahlen an die Macht gekommen.

Die Verteidigung der Demokratie ist die originäre Aufgabe jedes Einzelnen Demokraten. Es laufen auf der Straße und im Staatsapparat genug Leute herum, die ihr eigenes Süppchen zu kochen versuchen oder es bereits erreicht haben dass dieses brodelt..

Gestern hat die Süddeutsche Zeitung ein Interview mit dem Bürgermeister von Köln-Ehrenfeld veröffentlicht. Er heißt Josef Wirges, ist von der SPD und sagt, dass er bei Einbürgerungsfeiern die Bibel und den Koren bereitlegen muss. Und er fragt: „Wenn ich behaupte, was hier drin steht oder da drin steht, sei alles wahr und müsse befolgt werden – was bin ich dann? Na klar, ein Fundamentalist. (…) Alles was unser Leben regelt, steht in einem dritten Buch – im Grundgesetz.“

Ich füge hinzu: Wer behauptet, alles was da drin steht, ist wahr und muss befolgt werden, der ist ein Demokrat.

Das gestrige Urteil des Verfassungsgerichts ist ein Grund zum Feiern. In einer Zeit, in der es Politiker wagen, zu sagen, wenn ihre Partei an die Macht kommt, werde „aufgeräumt“, ist es gut zu wissen, dass wir Verfassungsrichter haben, die der Exekutive genau auf die Finger schaut.

Die Politik holt ihre Macht aus dem Mandat er Wähler und aus dem Imperativ dessen, was in der Verfassung steht.

Kommentar verfassen