In den Medien hören und lesen wir es in diesen Tagen immer wieder: „Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden“.
Das steht so im Grundgesetz und das ist auch richtig so. Es entsteht der Eindruck, als hätten somit alle IS Kämpfer mit deutschem Pass ein Recht, von der Bundesrepublik zurückgeholt zu werden.
Ich habe da äußerste Bedenken. Als ich 1993, Spanien war damals noch nicht in der EU, die spanische Nationalität beantragt hatte, verlor ich die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie wurde mir nicht entzogen, aber ich verlor sie nach § 25 des deutschen Staatsangehörigkeitsgesetzes: Wer willentlich die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates beantragt, verliert die deutsche.
§ 28 des gleichen Gesetzes sagt, wer ohne Genehmigung des Verteidigungsministeriums in den Wehrdienst eines anderen Staates eintritt, verliert die deutsche Staatsangehörigkeit ebenfalls.
Ich habe damals die angestammte Nationalität verloren, weil ich eine andere beantragt habe, immerhin die eines demokratischen Rechtsstaates.
Wie muss man es beurteilen, wenn jemand sich derart vom deutschen Rechtsstaat abwendet, dass er in die Dienste eine Unrechtsregimes eintritt? Das ist nicht nur Abwendung von Deutschland, so einer oder so eine wendet sich von allen Werten ab, die unsere Demokratien ausmachen
Spitzfindler werden jetzt sagen, der IS war ja gar kein Staat. Das mag sein, ist aber insoweit irrelevant, als es um die innere Einstellung geht. Die IS Kämpfer haben sich etwas zugewandt, was sie für einen Staat hielten und dem sie nachfolgen wollten. § 25 STAG regelt nicht die Zuwendung zu einem anderen Staat, sondern die Wegwendung von der Bundesrepublik.
Ein weiterer Umstand, der nie vergessen werden sollte, ist der, dass viele der IS Kämpfer zwei oder mehrere Staatsangehörigkeiten haben. Wenn dem so ist, sollte die Bundesrepublik bescheiden beiseitetreten und dem anderen Staat den Vortritt lassen.
Ohne alle Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben, IS Kämpfer in anderen Heimatländern unterzubringen, sollte keiner von ihnen deutschen Boden betreten können.
Es sollte auch rechtlich geprüft werden, dass eine Rückführung nur dann möglich ist, wenn die Betroffenen vorher auf andere als die deutsche Staatsbürgerschaft verzichtet haben.
Die deutschen Behörden sind gut beraten, Druck anderer Staaten auszuhalten und die Bearbeitung der Rückführungen mit Blei an den Füßen vorzunehmen.
Hier läutet die Stunde der Einzelfallprüfung, die zumindest dies beinhalten muss:
- Ist der Rückzuführende überhaupt noch Deutscher?
- Kann man wegen einer alternativen Nationalität die Rückführung in ein anderes Land gewährleisten?
- Wenn das nicht geht, kann man dann von ihm den Verzicht auf die alternative Staatsangehörigkeit verlangen?
So etwas zu prüfen, braucht Zeit. So etwas ist zermürbend. Wenn sowieso klar ist, dass jede Rückführung in Deutschland erstmal mit Untersuchungshaft beginnt, die dann zu einem Prozess wegen (mindestens) Zugehörigkeit an einer terroristischen Vereinigung mündet, dann kann das dazu führen, dass die IS Leute sich freiwillig anderswo niederlassen.
Der Rechtsstaat muss sich an Recht und Gesetz halten, auch denen gegenüber, die offen gezeigt haben, dass sie ihn missachten.
Der Rechtsstaat darf und muss aber auch prüfen, ob eine Berechtigung zur Rückführung vorliegt. Wie viel Zeit er sich dabei lassen darf, ist wieder einer Einzelfallprüfung unterworfen.
Ziel muss jedenfalls sein, jede Möglichkeit zu nutzen, die Rückführung der gefährlichen IS Kämpfer zu verhindern.
Der Rechtssaat ist auch für menschliche Ungeheuer da, aber er muss die übrigen Bürger vor diesen schützen.