„Im Namen des Volkes ergeht das folgende Urteil…“ Und zwar deshalb, weil das Volk der Souverän ist, also der „Öberschde“. Das steht nicht nur in der deutschen Verfassung, dem Grundgesetz, das steht sogar in der Verfassung Spaniens, einem monarchischen Staat.
„Das Volk“, das sind alle zusammen, die die Staatsangehörigkeit eines Landes haben. Das Volk wählt diejenigen, die in dessen Namen Gesetze erlassen oder über sie entscheiden. In keinem demokratischen Staat ist jemand eine höhere Instanz als das Volk.
Aber was darf das Volk? In letzter Zeit wird es immer mehr Mode, zu behaupten, das Volk dürfe alles. Alles und Jedes könne durch Volksabstimmung geändert werden, die Mehrheit entscheidet.
Es gibt wenige Länder, in denen das Volk über alles direkt entscheiden kann. Herausragendes Beispiel ist die Schweiz. Dort hat sich dieses Verfahren bewährt, gerät aber zunehmend ins Wanken, nachdem rechtsgerichtete Politiker ihr Süppchen auf der Volksmeinung kochen und dem Wähler suggerieren, man könne auch über die Grundmauern der Demokratie abstimmen.
In Deutschland haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes solchen Tendenzen einen Riegel vorgeschoben: In Artikel 19,2 GG steht: „In keinem Fall darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden“.
Menschenwürde, freie Entfaltung der Persönlichkeit, Gleichheit vor dem Gesetz, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Gewaltenteilung, Bekenntnisfreiheit, Meinungsfreiheit, Schutz von Ehe und Familie, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Postgeheimnis, Freizügigkeit, Berufsfreiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung, Eigentum, Asylrecht und Petitionsrecht, all das sind Grundrechte. In diese Grundrechte darf der Staat – wenn überhaupt – nur mittels eines Gesetzes eingreifen.
Die Grundrechte bilden die „essentials“ eines demokratischen Rechtsstaates und stehen nicht zur Disposition des Souveräns. Eine demokratische Verfassung hindert in aller Regel den Staat, Selbstmord zu begehen und er hindert den Souverän und die von ihm gewählten Vertreter daran, den demokratischen Rechtsstaat umzubringen.
In einer repräsentativen Demokratie übt der Souverän seine Macht durch freie, geheime und unabhängige Wahlen aus. Wie wichtig es ist, dass möglichst jeder sein Wahlrecht ausübt, haben wir erst in diesen Tagen bei den „mid term“ Wahlen in den USA erlebt. Was passieren kann, wenn man denkt, der Staat, die Demokratie und die Wahlen gingen einen nichts an, hat die städtische Jugend Großbritanniens erlebt. Ihr haben nationalistische nach gestern gewandte Wähler den Weg in eine moderne weltumspannende Zukunft verbaut. Viele wachten nach er Brexit Entscheidung morgens auf, wischten sich den Schlaf aus den Augen und merkten, dass niemand anders als die Nichtwähler, sie selbst, schuld dran waren, dass die dümmste Entscheidung des Vereinigten Königsreichs zwar mehrheitlich aber ohne sie gefallen war.
In einem totalitären Staat erscheint es ratsam, sich weg zu ducken, um möglichst wenig aufzufallen. Es gibt keine Pflicht zum Heldentum. Für Demokraten ist es allerdings Recht und Pflicht, aufzustehen, mitzumachen sich Gehör zu verschaffen und denen, die mit der Ausübung staatlicher Macht beauftragt wurden, auf die Finger zu schauen
Souverän zu sein, ist toll. Aber sowas gibt es nicht zum Nulltarif.
Demokratie ist anstrengend.