Was mich fassungslos macht, ist das Versagen von so mancher Behörde. Die Bremer BAMF Affaire war schon schlimm genug. Zur Katastrophe aber wuchs sich das Behördenversagen aus in der Sache des ausgewiesenen mutmaßlichen Leibwächters Bin Ladens.
Das Entsetzliche daran ist, dass der Normalbürger nicht verstehen kann, was an dieser Sache so schlimm ist, wo doch endlich ein Gefährder abgeschoben wurde. Anderswo werden voll integrierte Bäckerlehrlinge abgeschoben, was auch niemand versteht, aber offenbar legal ist.
Jedermann kann nachvollziehen, dass die Verwaltung, die ausführende Gewalt des Staates, erst dann handeln darf, nachdem ein anhängiges gerichtliches Verfahren abgeschlossen ist. Dabei ist es unerheblich, ob sich ein mutmaßlicher Folterer gegen seine Abschiebung wehrt, weil er womöglich in Tunesien gefoltert würde. Der Richterspruch muss abgewartet werden. Das hat man bei Bin Landes Leibwächter nicht getan. Die Folge ist ganz einfach und unmittelbar: Die Abschiebung war rechtswidrig. Der rechtswidrige Verwaltungsakt „Abschiebung“ muss rückgängig gemacht werden, das gerichtliche Verfahren muss abgeschlossen werden können. Je nachdem, wie das zuständige Gericht entscheidet, kann der Gefährder dann bleiben oder aber, er muss erneut abgeschoben werden.
So funktioniert der Rechtsstaat, wenn er denn funktioniert.
Was mich so erbost, erstaunt und wütend macht, ist der Umstand, dass das allgemeine politische Klima unterdessen die Beamtenschaft offenbar schon so unterwandert und korrodiert hat, dass es möglich ist, dass die Garanten des Rechtsstaates, und das sind auf der Seite der Exekutive die Verwaltungsbeamten, nichtmehr an das denken, was sie im ersten Jahr auf der Verwaltungshochschule gelernt haben:
Der Staat steht auf drei Säulen, der gesetzgebenden Gewalt (Legislative) der ausführenden Gewalt (Exekutive) und der richterlichen Gewalt (Judikative) Diese Gewalten kontrollieren sich untereinander und die eine darf dann nicht handeln, wenn eine andere ihr das verbietet. Das ist grundlegendes Wissen jedes Beamten.
Nun sind es ja keine kleinen Beamten, die in den Behörden sitzen und über Abschiebungen entscheiden, nein, das sind in der Regel hochqualifizierte Juristen, die nach langer beruflicher Erfahrung und Bewährung auf den Posten gekommen sind, von dem aus sie jetzt entscheiden.
Ich erinnere mich, wie sehr an der Uni unsere Professoren davor gewarnt haben, sich mit einem Ministerialbeamten anzulegen. „Die sind auf ihrem Fachgebiet im Zweifel erheblich qualifizierter als Sie, werte Kommilitonen.“
Wenn nun die eine Gewalt der anderen nicht mehr gehorcht, oder wenn sie zur Verhinderung der Maxime „es werde Recht“ schikanöse Anforderungen erfindet (der Antrag wird abgelehnt, weil die beigefügten Kopien keine Farbkopien sind), dann wankt der Rechtsstaat, dann wird der Verfassung vors Schienbein getreten, dann fallen alle Schranken frommer Scheu.
Wie soll der Bürger Vertrauen in den Staat haben, wenn eierseits der Rechtsstaat es gebietet, Gefährder zurückzuholen andererseits aber Flüchtlinge, die perfekt deutsch sprechen, die von Handwerkern ausgebildet wurden und die kurz davorstehen, als Steuerzahler dem Gemeinwohl zu dienen, abgeschoben werden?
Man muss vom Staat nicht verlangen, dass alle sein Handeln verstehen. Aber man muss vom Staat verlangen dürfen, dass er nicht absichtlich unverständlich handelt. Und natürlich muss man von allen staatlichen Stellen verlangen, dass diese sich an Recht und Gesetz halten. Es ist schlimm, so etwas betonen zu müssen.