Neulich habe ich auf facebook eine leidenschaftliche Debatte ausgelöst, weil ich die Meinung vertrat, das BAMF habe sehr wohl das Recht, ja die Pflicht, nachzuprüfen, ob der Glaubensübertritt zum Christentum aus tiefer Überzeugung geschah oder nur deshalb, um ein Abschiebehindernis herzustellen.
Die Wellen gingen hoch, und das zu Recht, denn es ist schon eine diffizile Sache, echten Glaubenseifer von falschem zu unterscheiden, zumal wenn man Beamter eines laizistisch verfassten Staates ist.
Ich habe immer betont, dass in einem Rechtsstaat die Verfassung für alle gilt, der Glaube aber nur für, die, die ihm anhängen, verkürzt: Erst das Grundgesetz, dann die Bibel.
Ich habe bemerkt, dass dies für gläubige Menschen schwer zu verstehen ist: Für Muslime ist es selbstverständlich, dass der Glaube zuerst kommt und dann das Recht, für Christen ist es problematisch anzuerkennen, dass das Recht dann den Glauben prüfen muss, wenn der Verdacht besteht, er werde missbraucht, um damit ein Recht zu erlangen.
Nun höre ich, dass die österreichischen Behörden Flüchtlinge auch dann abschieben, wenn sie angeben, homosexuell zu sein.
Wir alle wissen, dass der homosexuelle Flüchtling bis zu seiner Flucht seine sexuelle Ausrichtung verheimlicht hat, um lebensbedrohenden Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Offenbar denken die österreichischen Behörden, es sei dem abgeschobenen Flüchtling zuzumuten, diese Verheimlichungsstrategien wieder aufzunehmen, sobald er wieder daheim ist.
Was aber, wenn in den Abschiebepapieren steht „Der Asylbewerber gibt an, schwul zu sein. Das wird ihm aber behördlicherseits nicht geglaubt.“ Die Fanatiker in seinem Heimatland glauben ihm das sicher.
Natürlich ist es ein Abschiebehindernis, wenn jemand aus tiefer Überzeugung zum Christen geworden ist und ihm dies zu Hause als Abkehr vom wahren Glauben ausgelegt wird, was u.U. mit dem Tod bestraft wird.
Ebenso ist es ein Abschiebehindernis, wenn jemand schwul ist und dies in seinem Heimatland mit Qualen, Strafen oder dem Tod bedroht ist.
Nur, wie beweist man die eigene Homosexualität?
Als ich Vorträge über Verfassungsrecht für Flüchtlinge hielt, kam ein Mann auf mich zu und sagte, er könne nicht verstehen, weshalb sein Asylantrag abgelehnt worden sei, er sei Chemiker und Deutschland brauche ihn. Es war schwierig, ihm klar zu machen, dass das Asylrecht nicht auf dem Grundsatz der Brauchbarkeit im aufnehmenden Land basiert. Er müsse angeben, in seinem Heimatland verfolgt zu werden, es bestehe dort Gefahr für Leib in Leben etc. Das alles treffe auf ihn nicht zu, er suche in Deutschland lediglich ein besseres Leben. Was könne er denn sonst noch angeben, wir sprachen englisch:
„Tell them to be homosexual,” schlug ich vor. Zunächst erhellte sich seine Miene, und dann fragte er besorgt: “But how can I proof that?“
Ich war zunächst sprachlos. Dann brach es mir heraus: „Rape the judge!“
Was damals von mir unüberlegt und ungebührlich vorgeschlagen wurde, scheint jetzt die Maxime der österreichischen Ausländerbehörde geworden zu sein:
„Treibt’s vor aller Augen, dann haben wir den Beweis fürs schwul sein, aber in‘n Hefn kommts eh: Erregung öffentlichen Ärgernisses.“
Dabei wäre alles doch so einfach:
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“.
Das muss der demokratische Imperativ allen staatlichen Handelns sein. Dann kommt man auch nicht auf so absurde Gedanken.