Deutschland lächerlich?

Neulich saß die Grande Dame des Wiener Opernballs, Lotte Tobisch, in einer deutschen Talkshow. Der Moderator machte einen der stereotypen Witze über die Österreicher, worauf die Dame konterte:

„Macht’s euch nicht lustig über uns Österreicher, wir finden euch Deutsche nämlich mindestens ebenso lächerlich, wie ihr uns.“

Zwar lachte das Publikum pflichtschuldig, aber es war spürbar, dass die Vorstellung, dass andere die Deutschen lächerlich finden könnten, neu, zumindest ungewohnt war.

Die Deutschen lächerlich? Es gibt wohl in Europa wenige Völker, die in der Selbstbetrachtung derart wenig auf die Idee kommen, lächerlich zu sein, wie die Deutschen. Dabei machen sie sich und damit Deutschland gerade zur Lachnummer Europas.

Nur mal ein paar Fakten:

  1. Joe Kaeser, vulgo Josef Käser kriecht dem 45. Präsidenten der USA in Davos derart in den Hintern, dass nur noch seine Sporenräder rausschauen und behauptet danach in der SZ, er habe das Gespräch stets unter Kontrolle gehabt.
  2. Daimler-Benz versinkt in einem untertänigsten verbalen Kotau vor dem chinesischen Volk, nachdem man es gewagt hatte, den Dala Lama zu zitieren und damit die Gefühle des chinesischen Volkes verletzt habe. Quatsch, Daimler-Benz hat die „Gefühle“ einer korrupten und machtgeilen Führungsclique verletzt und fürchtet um seinen Absatzmarkt.
  3. Die deutsche Autoindustrie hat die ganze Welt mit ihren Abgastricksereien betrogen und man lässt es durchgehen, dass die Konzerne noch immer behaupten dürfen, die Spitze habe davon nichts gewusst.
  4. Regierungsbildung in Berlin.

Das Drama von Berlin geht leider nicht nur die Deutschen an. Europa steht still, wenn eines der großen Mitgliedsländer handlungsunfähig ist. Europa lacht über Liberale, die nicht regieren wollen, über Sozialdemokraten, die sagen, dass sie nicht regiere wollen, sich beleidigt in Zeitungsinterviews äußern, dann doch regieren wollen, derweil der Vorsitzende ein Harakiri hinlegt.

Offenbar erleben wir gerade einer Zeitenwende, die dazu führt, dass das, was gestern noch galt, nicht mehr opportun ist. Veränderungen sind ja an sich nicht schlimm, aber müssen die Baustellen bei Verlässlichkeit, Verantwortungsbewusstsein, Anstand aufgemacht werden? Wird alles beliebig, weil niemand mehr Wert darauflegt, sich von den Fakten leiten zu lassen?

Es beginnt eine stetige Korrosion unseres Gefühls, denen, die in Politik und Wirtschaft leiten, nichtmehr trauen zu können. Jetzt fehlt nur noch, dass die Generationen, die nach 1975 geboren wurden, also die, die jetzt „am Drücker“ sind, beginnen, unsere demokratischen Werte kleinzureden. Wenn das geschieht, wird es auch außerhalb Polens und Ungarns möglich werden, gänzlich ungeniert die Verfassung zu stutzen.

Ich habe den Eindruck, dass Deutschland sich derzeit lächerlich macht, weil viele hier vergessen haben, was Würde ist. Offenbar gilt das ganz besonders für die Menschen, denen es in einer Demokratie obliegt die öffentliche Würde zu wahren.

 

 

Kommentar verfassen