Eines Tages erschien die Schneiders Renade erneut vor dem Amtsrichter in Bamberg. Es war das vierte Mal in fünf Jahren. Es ging – wie bisher immer – darum, den Vater ihres Neugeborenen auf Unterhalt zu verklagen.
Die Renade war Bedienung im Gasthaus zur Sonne in Breitengüßbach, der Kindsvater, der Nüssleins Beder hat in der Muna gearbeitet, dem Munitionslager, das die US Armee im Ort unterhielt.
Die Schneiders Renade war eine sehr stattliche junge Frau, schwarze Haare, grüne Augen, roter Mund, ein Prachtsweib, wie man damals noch sagte.
Der Nüssleins Beder war Mittelstürmer beim TSV Breitengüßbach, stark wie eine Eiche, das Gesicht heldenhaft unebenmäßig, beim Fußball geht halt oft einmal ein Nasenbein zu Bruch.
Die beiden waren wirklich ein schönes Paar.
Der Richter, der Rat Pfeuffer, stand kurz vor der Pensionierung und hatte sich angewöhnt, seinem Alter gemäß, die Verhandlungen in väterlich gelassenem Ton zu führen. Aktenstudium sparte er sich, er schöpfte aus dem immensen Fundus seiner Erfahrung.
„Ja, die Schneiders Renade aus Breitengüßbach kommt mal wieder zu mir“ begrüßte der Richter die Klageführerin. „Um was geht es denn dieses Mal, meine Liebe?“
„Wie immer“ murmelte die Renade.
„Bitte etwas lauter, ich habe Sie nicht verstanden.“
„Noja, es is hald a jeds Mol des selba.”
“Wollen Sie damit sagen, dass es wieder um Unterhalt geht?“
„Scho.“
Der Richter blätterte in seinen Akten. „In fünf Jahren, nun das vierte Mal, stimmt das?“
„Freilich.“
„Und sagen Sie bloß, es ist wieder der“ wiederholtes Blättern in den Akten, Peter Nüsslein?“
„Was dengen Sie von miä, ich bin doch ka Flittchen? Freilich war´s der Beder.“
Da bat der Richter die Klägerin nach vorne zu sich an den Richtertisch. Als sie ganz nah dran war, lockte er sie mit dem Zeigefinger, so dass schließlich nur noch die Gerichtsekretären hören konnte, was die beiden besprachen. Der Rat Pfeuffer sprach nun fränkisch:
„Renade, edserd hast schon vier Kinnerla vo den Beder. Hast denn nie dra gedacht, den Ma zern heiern? So a Haufn Kinner, die brauchn doch an Vadder!
„Herr Rad, dro gadachd hab ich scho, aber er war mer ned simbaddisch.“