Ist Schwulsein Sünde?

Neulich fragte mich jemand, der in seinem katholischen Glauben fest verwurzelt ist, ob es eine Sünde sei, schwul zu sein.

Ich muss gestehen, dass ich aus allen Wolken fiel, denn auf so eine Frage war ich nichtmehr gefasst. Ich hatte mich mit der Problemstellung auch noch nie wirklich auseinandergesetzt.

Was antwortet man auf eine derart unerwartete und auch absurde Frage? Mein Hirn arbeitete fieberhaft und um Zeit zu gewinnen, begann ich etwas salbungsvoll damit, dass eben alles, was es auf der Welt gibt, Gottes Geschöpf sei.

Bei dieser These blieb ich und sie war dann auch der Schlüssel zu Beantwortung der Frage.

Wenn man gläubig ist, dann geht alles auf den Schöpfer zurück, das Leben und die Krankheit, die es bedroht, der Apfel und der Wurm, der sich in seinem Inneren mästet, der Mensch und das Tier. Das Tier kann nicht zwischen gut und schlecht unterscheiden, es geht instinktiv seinen Bedürfnissen nach.

Weil das beim Menschen anders ist, kann dieser sein Verhalten steuern, ist mehr oder weniger Herr über seinen Instinkt und kann durch seinen Intellekt geleitet nach Maßgaben handeln, die nicht er, sondern die Dritte gesetzt haben.

Natürlich meinen auch die großen Religionen, dass alles was da kreucht und fleucht Gottes Schöpfung ist.

Alles?

Nein! Die Religionen postulieren zwar, Gott habe zwar die Möglichkeit zur Sünde geschaffen, wenn aber ein Mensch sündhaft wird, tut er das aus eigenem Antrieb. Anders zu argumentieren wäre ja auch das Ende jeder Religion.

Durch die Erfindung der Sünde, haben sich die Kirchen die Deutungshoheit darüber angeeignet, zu bestimmen, was gut ist und was böse.

Dass die menschliche Sexualität ein weites Feld ist, wissen wir alle. Ihre Varianten sind ungeahnt und alles ist okay, solange damit nicht die Rechte der anderen verletzt werden. Dessen ungeachtet bestimmen mehrere Religionen, dass die einzig richtige und nicht sündhafte Art, die Sexualität auszuleben, die sei, Nachkommen zu erzeugen.

Wie kommen die denn da drauf?

Es geht um Macht. Die Kontrolle über uns Menschen muss aufrecht erhalten bleiben, und deshalb rufen alle Religionen zum Triebverzicht auf. Wer seine Bedürfnisse, seine Veranlagung und seine Lebensfreude zügelt, ist ein guter Glaubender, wer die Zügel lockerlässt, ist ein Lump, ein Sünder eben.

Was den Religionen nicht in den Kram passt, wird zur Sünde erklärt.

Die Erfindung des Begriffs „Sünde“ ist tatsächlich ein genialer Einfall aller Religionsstifter. Sie wird zu einem ausgelagerten Verhalten der ansonsten perfekten Schöpfung.

Das Ärgerliche ist, dass die Religionen so tun, als könnten sie allein bestimmen, was Sünde ist, und was nicht.

Gottgewollt?

Nein, menschengewollt.

 

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