Immer mehr Freunde und Verwandte schauen mich scheel an, weil ich im facebook aktiv mitmache.
Das Mildeste ist noch, wenn aus Gregor von Rezzoris maghrebinischen Geschichten zitiert wird: „Wer sich zum Mist macht, den werden die Hühner auseinanderkratzen.“
„Du machst dich da gemein mit Leuten, die niedliche Kätzchen posten, gleichzeitig nationalsozialistisches Gedankengut unter die Leute bringen und fake news nicht nur glauben, sondern auch noch teilen.“
Bedauerlicherweise ist es so, dass unterdessen ein erheblicher Prozentsatz seine Nachrichten aus der Welt über facebook empfängt. Kein Wunder, dass sich unterdessen selbst solche Propaganda hält, die erkennbar unwahr ist.
Und tatsächlich ist es so, dass sich facebook unterdessen zum Zentralorgan der Hetze gegen den Islam etabliert hat.
Für Otto Normaldenker ist doch klar, dass Nachrichten von Menschen publiziert werden müssen, die ihr Handwerk erlernt haben. Einen Stuhl kauft man ja auch nicht bei Bäcker.
Bei facebook aber darf jeder seine krude, undurchdachte, antidemokratische Bauchmeinung in die Welt hinausposaunen und kann noch dazu einer gewissen Aufmerksamkeit sicher sein.
Facebook-Hetzer erinnern mich an Kettenhunde. Auch diese gebärden sich wild und gefährlich, solange sie sich in dem von der Kette vorgegebenen Radius bewegen. Lässt man sie von der Kette, verlieren sie ihre Selbstsicherheit und verkriechen sich.
Das „Schöne“ an facebook ist ja, dass man aus der Ferne schimpfen kann. Es fehlt der Augenkontakt mit dem Kontrahenten. Das macht mutig.
Und deshalb haben manche Kritiker eben schon Recht, wenn sie sagen, facebook (pars pro toto) sei „des Teufels.“
Es ist ein Medium, in dem fern aller Norm, fern allen Anstandes und fern aller Kontrolle alles gesagt werden kann. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass dieses Gesagte zu einem ganz großen Teil schlimm, unwahr, volksverhetzerisch und unanständig ist.
Als ich vor Jahren ein facebokk account aufmachte, wollte ich es gleich wieder zumachen. Zu sehr war ich entsetzt von der Niveaulosigkeit, dem Fehlen an demokratischer Verantwortung, dem Unflat und der Spießigkeit.
Und dann nahm ich mir vor, möglichst oft etwas Lustiges, etwas Kritisches, etwas Informatives, etwas Unterhaltendes zu posten. Und ich nahm mir natürlich vor, mich nie auf das Niveau derer hinabzubewegen, die Andersdenkende abqualifizieren, sie mit Schimpforten überziehen und vermeintlich der Lächerlichkeit preisgeben.
Kurz ich wollte in all dem Hirnriss, all dem Unanstand, all der Hetze ein Zeichen von biederem europäischem Bildungsbürgertum setzen.
Es gab ja immer schon solche Idealisten, die sich mit Verbrechern gemein machten, weil sie dachten, ihr anständiges Verhalten werde den Kurs des Schiffes verändern können.
Mein Großonkel war aus diesem Grunde Nazi geworden. Er hat sich schließlich aus Verzweiflung erschossen.
Es gibt keinen Gut-Nazi. Und ich frage mich nun, ob es auch keinen Gut-facebooker geben kann.