Doris, so heißt „man“ nicht

Von Zeit zu Zeit wird es notwendig, daran zu erinnern, dass die Bundesrepublik Deutschland nach wie vor eine Republik ist.

Diese Tatsache teilt sich dem Mitbürger nicht sofort mit, die die sogenannte „Yellow Press“ am Leben hält, indem er sie liest.

Danach scheint nichts wichtiger zu sein, als irgendeinen Adelstitel oder ersatzweise eine geliftete Prinzessin herumführen zu können, wobei bei Letzterer die Tatsache des stattgehabten Liftings meist leichter feststellbar ist, als die Echtheit des Titels.

Der Adel ist eine typische Klassengesellschaft. Ganz oben rangieren die sogenannten regierenden Häuser, die dies entweder noch heute tun oder bis 1918 vorgaben dies zu tun, das ist die erste Abteilung. In der zweiten Abteilung tummeln sich Fürsten, Prinzen und Grafen, die bis 1806 Herrscher über ein souveränes Duodezländle waren. Die sind allesamt auf Napoleon schlecht zu sprechen. In die dritte Abteilung stürzt der aus den vorherigen Klassen ab, der sich nicht gesetzestreu verhalten hat. Damit ist nicht unbedingt Scheckbetrug gemeint, sondern die Tatsache, dass er – horribile dictu – bürgerlich geheiratet hat. Alle drei Abteilungen tragen eine geschlossene Krone über dem Wappen.

Einfachere Grafen haben dort eine offene Krone mit neun Zacken, während sich Barone mit einer noch offeneren Krone, sie hat nur sieben Zacken, begnügen müssen. Barone erkennt man auch daran, dass sie Freiherrn heißen. Schließlich gibt es noch den Briefadel, der trägt nur ein „von“ vor dem Nachnamen und deren Mitglieder tun sich schwer in dem Geschäft, auf das wir nun zu sprechen kommen:

Es gibt nämlich noch einen sozusagen republikanischen Adel. Auch in ihn wird man durch einen Akt der Liebe aufgenommen, allerdings spielt sich dieser nicht im Schlafgemach der hochherrschaftlichen Eltern ab, sondern auf dem Girokonto eines verarmten Prinzen, Fürsten oder Herzogs. Man ahnt es, wir sprechen von der Adoption. Durch diesen Rechtsakt übernimmt der oder die Adoptierte rückwirkend von Geburt an den Nachnamen des durch Geld in elterlicher Liebe Entflammten. Der Vorname aber bleibt, und das ist verräterisch: Leopold, August, Eitel Heinrich und natürlich Ludwig, da rauscht der Hofball durch die Gehörgänge. Was aber soll man zu Karl-Heinz, Klaus-Jürgen, Thorsten, Uwe oder Finn sagen? Da fällt einem Baggerführer, Friseur oder Tankwart ein.

Ich gebe zu, Hans ist auch nicht gerade das Gelbe vom Ei, aber ich mosere ja auch nur aus dem Sumpf des Baronats heraus.

Und nun treffen auf jedem Empfang, Presseball oder sonstigem „event“, höchst vornehme Herrschaften auf vornamentliche verdächtige Verwandte. Zu deren Graus sagen Karl-Heinz &Co „Mahlzeit“, klopfen an offene Türen oder, was fast noch unangenehmer ist, sie sind schlicht kriminell.

Glücklicherweise ist die hier dargelegte „Problematik“ der Mehrheit schnurz, denn der Adel entbehrt in einer Republik nicht nur einer Funktion sondern auch jedweder Berechtigung. Die Faszination des adelig Seins reduziert sich für den, der es ist, auf eine unübersichtlich große Verwandtschaft und einen Lodenmantel samt Jagerhuat im Schrank.

Weshalb, so fragt man sich, gibt es Menschen, die für so was bereit sind, Geld auszugeben? Es ist ja gerade das höchste Gut in einem Rechtsstaat, Bürger sein zu dürfen.

Die Erklärung wird wohl im seichten Gewässer des Angebertums zu finden sein. Wir leben in einer Möchtegern Gesellschaft, in der Villa, Yacht, Auto und neue Blondine etwas gelten. Und wenn man das alles schon hat, dann legt man halt noch mit einem adeligen Nachnamen nach.

Zefix aber auch das mit den Vornamen!

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