Beten hilft

Meine Großmutter in Rentweinsdorf war eine sehr fromme Frau. Sie las uns aus der Kinderbibel vor, bei ihr gab es jeden Morgen vor dem Mittagessen eine Andacht, sie ging brav in die Kirche und sie achtete darauf, dass wir die religiösen Werte, die sie hochhielt, als Kinder erlernten und ebenfalls achteten.

Das hatte in erster Linie zur Folge, dass wir schreckliche Angst vor den himmlischen Folgen hatten, wenn wir stibitzen, wenn wir logen, oder wenn wir ein Mädchen hauten. Dennoch, mein Verständnis von Religion und Gott fußt auf der Basis, die sie gelegt hat.

Sie sprach eigentlich nie über das, was sie glaubte, es reichte ihr, dass man merkte, dass ihr Glauben unerschütterlich war.

Einmal habe ich sie danach gefragt, wie sie es in ihrem doch ereignisreichen Leben, in all den Jahren geschafft habe, nie daran zu zweifeln, dass Gott sie liebt und Jesus ihr ihre Sünden abgenommen hat.

Es geschah etwas Unerwartetes. Ümä lachte. Wenn sie das tat, kniff sie die Augen zusammen und es schien, als ob die Lider kleben blieben, denn das rechte öffnete sich eher als das linke, ein für mich faszinierender Vorgang. Als das linke Lid auch wieder offen war, schaute sie mich amüsiert an und sagte:

„Dazu muss ich Dir eine Geschichte erzählen:

In Schönrade, in der Neumark, wo ich aufgewachsen bin, wohnte bei uns die Schwester meiner Mutter, unsere Tante. Sie war eine große Tierfreundin und besaß einen Kater. Ich bin oft zu ihr gelaufen, weil ich so gerne mit dem Kater spielte und sein weiches Fell streichelte, bis der Kater schnurrte.

Im Pferdestall wohnten Katzen, die andauernd Kätzchen bekamen, die ich natürlich niedlich fand. Es war klar, dass ich mir wünschte, dass die Katze meiner Tante auch Junge bekommen sollte. Da wurde mir aber gesagt, dass das nicht ginge, weil die Katze ein Kater sei und Kater könnten nun mal keine Jungen bekommen.

Bei der Andacht an dem Tag, als mir erklärt worden war, dass Kater keine Jungen bekommen können, wurde vor dem Mittagessen ein Bibelspruch vorgelesen: Matthäus 19, Vers 26: Bei den Menschen ist‘s unmöglich, aber bei Gott sind alle Dinge möglich.

Das ließ ich mir nicht zwei Mal sagen und betete von an ganz fest dafür, dass die Katze meiner Tante Junge bekäme. Meine Eltern, die Tante, ja sogar unsere Köchin erklärten mir immer wieder, dass es zwecklos sei, dafür zu beten, dass die Katze Junge bekäme, denn die Katze sei ein Kater. Ich aber ließ mich nicht beirren und habe weiter gebetet, dass die Katze Kätzchen bekommen solle.

Und eines Tages hat der Kater meiner Tante tatsächlich sechs niedliche Kätzchen zur Welt gebracht. Du kannst dir meine Freude und Dankbarkeit nicht vorstellen. Mein Gebet war erhört worden! Von da an habe ich nie wieder auch nur eine Sekunde daran gezweifelt, dass der liebe Gott meine Gebete erhört, denn bei ihm sind alle Dinge möglich.“

 

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