Seit geraumer Zeit beobachten wir eine Entwicklung, die wir noch vor wenigen Jahren für unmöglich gehalten hatten: Das Versagen der Politik
Okay, wir wussten, dass es unter den Politikern auch Idioten, Egomanen, Räuber und Doofe gab. Die Mehrheit derer, denen wir unser Mandat gaben, richteten es dann aber doch, dass meist irgendwas halbwegs Vernünftiges herauskam. Die großen Volksparteien Europas schafften es immer wieder einen Ausgleich der Interessen hinzukriegen. Die Politik der europäischen Regierungen und die Europapolitik in Brüssel waren immer irgendwie vernünftig und trugen die Abgeordneten durch die Jahre, die ihre jeweiligen Legislaturperioden dauerten.
Das hat sich geändert: Ein Gespenst geht um in Europa! Das der Volksbefragung.
Man fragt sich, wozu zum Beispiel Renzi in Italien oder Cameron in Großbritannien eine stabile Mehrheit im Parlament hatten? Doch ganz bestimmt nicht, um mitten in der Legislaturperiode das Stimmvoll über etwas zu befragen, wofür dieses ein mehrjähriges Mandat erteilt hat.
Beiden hat es den Posten gekostet, in Italien ohne schlimmere Folgen, aber auf den britischen Inseln hat die Unverantwortlichkeit, mit der der Wahlkampf um das Brexit Referendum geführt wurde, ein ganzes Land vor ein Desaster unabsehbaren Ausmaßes geführt.
Ähnliches Politikversagen beobachten wir in Spanien. Warum sollen die Katalanen nicht das bekommen, was die Basken längst haben? Steuerautonomie. In der Bundesrepublik hat sowas jedes Bundesland und die Welt geht dennoch nicht unter.
Die Verweigerung des Dialogs zwischen Madrid und Barcelona ist einfach nur infantil. Natürlich verbietet die spanische Verfassung die Separation. Wenn aber ein Teil eines Landes etwas haben will und denkt, dies sei nur durch die Unabhängigkeit zu bekommen, dann muss man reden. Dann muss man zu einem Kompromiss kommen, gesetzliche Regelungen verändern, und womöglich sogar die Verfassung modifizieren. In einer Demokratie geht derlei und ist normal.
Was gar nicht geht, ist undemokratisches Verhalten. Ich meine damit nicht, die Knüppelei der Guardia Civil gegen wahlwillige Katalanen, auch nicht die Verfassungsverstöße der katalanischen Regionalregierung.
Ich meine damit stures Festhalten an überkommenen Positionen, mögen sie noch so von der Verfassung und vom Verfassungsgerichtshof gestützt werden.
Dieses Verhalten ist einer Demokratie nicht würdig und es ist auch derer nicht würdig, die sich auf die Demokratie berufen.
Wir stehen vor dem katalanischen Problem und glauben, unseren Augen und Ohren nicht zu trauen. Die Politiker sprechen nicht miteinander und der König nimmt einseitig Stellung.
Das wäre seinem Vater nicht passiert. Der wusste, was ein „pater patriae“ zu tun hatte.