Gestern erzählte mir ein irischer Freund, in der Nähe von Belfast gäbe es einen riesigen fleischverarbeitenden Betrieb, in dem nur Polen arbeiteten.
„Und wer macht die Arbeit dort nach dem Brexit?“
Zu meiner Verblüffung bekam ich die Antwort, dort gäbe es genügend Arbeitslose, die die Jobs gerne übernehmen würden.
Ich habe da meine Zweifel. Wenn man über Jahre arbeitslos gewesen ist, macht das nicht nur psychisch mürbe, man baut auch in der Regel körperlich ab. Nicht jeder Langzeitarbeitslose kann so ohne Weiteres in einer Großschlächterei eingesetzt werden, das ist ein Knochenjob.
Während der Finanzkrise waren in Deutschland Gewerkschaften, Arbeitgeber und Politik gut beraten, die Kurzarbeit einzuführen. Das schlimmste, was in unserer hochspezialisierten Zeit passieren kann, ist wenn qualifizierte Arbeitnehmer entlassen werden müssen. Sie bleiben dann nicht auf dem Stand der Technik, geschweige denn, bilden sie sich weiter.
Das ist einer der Gründe, weshalb ich annehme, dass das mit der Wiederindustrialisierung des „rust belt“ in den USA nicht so leicht klappen wird. „Bring the jobs home!“ reicht wohl nicht aus. Es müssen zu Hause auch Arbeitskräfte vorzufinden sein, die die gleiche Qualität Arbeit abliefern können, wie das der Standard der Firma verlangt.
BMW kann ein Lied davon singen: Es hat Jahre gebraucht, ehe die in den USA hergestellten PKWs so gut waren, dass sie in Europa verkauft werden konnten, ohne vorher zerlegt und wieder zusammengeschraubt werden zu müssen.
Im „rust belt“ leben Menschen, die seit Jahrzehnten keine Arbeit mehr haben, die zunehmend verbittern und frustriert wurden. Was deren Väter und Großväter an technischem know how hatten, ging verloren und, was schlimmer ist, es wird heute nicht mehr gebraucht. Das vergangene Wissen wurde aber auch nicht durch Neues ersetzt.
Neulich habe ich Daniel Barenboim zugehört, als er sagte, die schlimmste Zeiterscheinung sie der Mangel an Erziehung. Er meinte damit den Zweiklang „Bildung des Herzens und des Verstandes“.
Wenn wir in den westlichen Industriestaaten so wenig in Erziehung investieren, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass Arbeitslosigkeit fast immer auch ein Ausstieg aus der „Experise“ ist.