Vormund. Enrichissez vous!

Vorbemerkung: Ich berichte nicht von meinen Erfahrungen mit minderjährigen Flüchtlingen, weil ich auf Lob oder Schulterklopfen aus bin. Ich tue das, weil ich denke, dass nur Wenige Gelegenheit haben, die Problematik aus der Nähe zu sehen. Somit denke ich, kann ich etwas Konkretes zur allgemeinen Diskussion beitragen.

 

Die Zuständigkeit für alleinfliehende Minderjährige ist auf die Bezirksämter Berlins verteilt. Für meinen im Juni geborenen Mündel ist Steglitz-Zehlendorf zuständig, für den im September geborenen Bruder ist Treptow-Köpenick zuständig. Das habe ich heute auf dem Bezirksamt Tempelhof erfahren, nachdem mir gestern mündlich gesagt wurde, die seien zuständig. Zuständig ist man dort nicht, aber immerhin traf ich auf eine besonders nette und kompetente Beamtin, die mir erklärte ich müsse nun beantragen, dass meine beiden Buben mit ihrer Tante eine WG bilden. Aber, die wohnen doch schon zusammen. Nicht WG, sondern BeeG, wurde ich belehrt, das bedeutet Bedarfsgemeinschaft. Nur dann werden sie alle aus einem gemeinsamen Pott alimentiert.

Danach nahm ich die Gelegenheit beim Schopf und fragte sie, was es denn damit auf sich habe, dass der Senat, aus welchem Topf auch immer, für 7,84 qm Wohnfläche, die mit 4 Personen bewohnt werden, den monatlichen Betrag von 3.570 € bezahlt.

Da lehnte sich die Dame zurück und betrachtete einige Sekunden lang die Decke. Dann seufzte sie, wandte sich mir zu und erklärte: Da in Berlin die Wohnungen so knapp sind, wollte man unbedingt verhindern, dass die erhöhte Nachfrage durch Flüchtlinge eine weitere Steigerung des Preisniveaus nach sich ziehen würde. Da man auch verhindern wollte, dass Leute in den Parks zelteten, kam man auf die Idee, wirtschaftlichen Anreiz zu schaffen, damit Hotelunternehmer Flüchtlinge aufnähmen.

Die Aufforderung, die da lautete „Enrichissez vous – bereichert euch!“ hörten natürlich nicht nur Hoteliers, die ihre obsoleten Ruinen aufmöbelten, es hörten dies auch Geschäftlesmacher, die kurzerhand ganze Etagen mieteten, einen Waschraum und getrennte Klos einbauten und schwubbediwupp, schon war das Hostal fertig, mit Belegungsgarantie, wohlgemerkt.

Früher wurde in Deutschland Außenpolitik mit dem Scheckheft gemacht, jetzt macht man damit offenbar auch Innenpolitik.

Immerhin habe ich jetzt so viel gelernt: Es ist illusorisch, für meine Mündel eine Wohnung zu finden. Das höchste der Gefühle ist eine Einweisung in ein Wohnheim. Da gibt es wenigstens Gemeinschaftsräume und die Familien können selbst kochen.

Dass damit die Integration nicht gefördert wird, ist allen klar. Darum geht es offenbar auch gar nicht.

Wir stehen kurz vor Wahlen, ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt.

 

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