Hollywood hat entdeckt, dass es nun auch Bedarf nach weiblichen Helden gibt. Also stattet man sie mit einem tiefen Dekolleté und einer Knarre aus, lässt sie über die Leinwand springen und, holla die Waldfee, schon hat man eine Heldin. Kleine Mädchen finden sie wegen der Knarre gut und kleine Jungen wegen des Busens. Die Presse schreibt erstaunt, dass jetzt auch Heldin geht und im Übrigen klingelt die Kasse.
Sind das Heldinnen? Wir haben uns daran gewöhnt, dass unsere Helden alle Fiktion sind. 007, Tarzan, Spiderman, allenfalls Fußballer sind können noch Helden aus Fleisch und Blut sein.
Das ist ziemlich phantasielos und stupide. Die wirklichen Helden sind die des täglichen Lebens.
Neulich war hier ein Freud unseres Sohnes, der erzählte, sein Vater habe die Mutter mit sechs Kindern verlassen. Das jüngste war damals zwei Jahre alt. Die Familie lebte in Irland. Viel Sozialleistung bot damals der Staat nicht. Die Mutter hat auf engstem Raum ihre Kinder behaust, ernährt, gekleidet und erzogen. Als die ersten erwachsen geworden waren und weggingen, bemerkte sie, dass sie genauso viel kochte wie zuvor. Aufgegessen wurde alles. Erst da bemerkte sie, dass sie ihre Kinder aus Not am Rande der Unterernährung großgezogen hatte.
Aus allen ist etwas geworden, Lehrer, Handwerker, Anwalt. Die sechs Kinder leben in Irland, England und Australien. Jeder ruft mindestens einmal in der Woche die alte Dame zu Hause an. Sie ist eine der Heldinnen unserer Tage. Außer der Liebe ihrer Kinder hat sie keine Auszeichnung bekommen. Sowas bekommt man als Politiker, Unternehmer, Gewerkschaftsboss und zwar eher weniger wegen der Verdienste als wegen Zeitablaufs auf dem Posten.
Jeder von uns kann Geschichten erzählen von Frauen, die gegen Wind und Wetter, besoffene Ehemänner und das Jugendamt ihre Kinder bis auf’s Messer verteidigt haben, die sie hart, entbehrungsreich und liebevoll erzogen haben.
Ich erinnere mich noch an die vielen Kriegswitwen in meiner Jugend, die oft als Flüchtlinge angefeindet in den Dörfern wohnten. Die Frauen standen unter ständiger lüsterner Beobachtung und die Kinder bekamen einen Tritt, wenn man sie im Herbst im Apfelbaum erwischte.
Alleinerziehende Mütter wurden als solche nicht wahrgenommen. Vielmehr waren sie moralisch fragwürdige Wesen, die sich ein Kind haben aufhängen lassen.
Alle Last, alle vermeintliche Schuld, alle Häme wurde immer auf der Frau abgeladen.
Ich habe neulich den Film „Die göttliche Ordnung“ gesehen. Er handelt davon, wie im Jahr 1972 auch in der Schweiz Frauen das Stimmrecht bekamen. Im Kino fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass die Frauen in meiner Jugend in Franken zwar wählen durften, aber ansonsten war ihr Leben haargenau so männerbestimmt, wie das im Film beschrieben wurde.
Es hat sich viel geändert seither. Das ist gut so. Und dennoch muss man nur mit offenen Augen durch die Straßen Berlins gehen, um zu sehen, dass es nach wie vor die Frauen sind, die sich um das Wichtigste kümmern: Um die Kinder.
Wenn man so durch die Hauptstadt schlendert, kommt man an ungezählten Denkmälern vorbei. Eines für eine Frau habe ich noch nicht gesehen. Eines für die heldenhaften Frauen erst Recht nicht.