Ich bin nicht der Vorsitzende des Dobrindt Fan Clubs, muss dem Bundesminister aber eines zugestehen: Als er in Zeiten der schwarz-gelben Koalition das Wort „Gurkentruppe“ in den politischen Sprachschatz einführte, hat er weit über den zeitgeschichtlichen Moment hinausgehend jedem „zoon politicon“, jedem, der sich für das, was sich vor seiner Haustür abspielt, etwas an die Hand gegeben, dass die Argumentationsbreite der Allgemeinheit um ein Vielfaches vergrößert hat: „Gurkentruppe“. Das ist griffig, schön pejorativ ohne beleidigend zu sein und stellt die Glieder dieser Truppe auf einen eindeutigen Platz in der Weltgeschichte. Dobrindt hatte es sicher nicht gewollt, ja nicht einmal erhofft, dass im Jahr 2017 seine Wortschöpfung eine unerwartete Brisanz und Aktualität bekommt.
Alle haben es bereits geahnt, ich sprechen von der Gurkentruppe, die derzeit das Weiße Haus bevölkert. Es ist nicht notwendig all das zu wiederholen, was dort seit Januar in Washington DC passiert oder, wenn man genauer hinschaut, eben nicht passiert.
Wir erleben die Selbstmontage einer Weltmacht live mit, und die Furcht macht sich breit, ach was, die pure Panik ergreift Politiker, Strategen und Zeitungsleser bei dem Gedanken, es könne wirklich mal was Schlimmes passieren und dann wären es die „cucumber men“, die diese Krise bewältigen müssten. Ein Albtraum.
Was gerade in den USA passiert, erinnert schmerzhaft an das, was vor 1914 in Berlin geschah, als Wilhelm II die Welt in eine allumfassende Katastrophe schlittern lies, weil sein Geltungsbedürfnis seine intellektuellen Fähigkeiten bei Weitem überstieg.
Unbestreitbar, die militärische Macht liegt nach wie vor in Händen der USA und Ihres Präsidenten. Aber wer kann beim voraussehbaren Ausscheiden der USA aus dem Kreis der ernstzunehmenden „global players“ die politische Führung übernehmen?
In Europa wünscht man sich eine Doppelführung: Merkel und Macron. Mir scheint das liegt in erster Linie daran, weil die politische Lage in London, Rom, Madrid, Warschau etc so desaströs ist, dass anderswo der Einäugige zum König gekürt wird.
Dann gibt es noch ein paar wenige versprengte Demokraten in Israel, Indien, Kanada, Japan und Australien, die aber alle weltpolitisch keine Rolle spielen.
Putin wird natürlich der Nutznießer der amerikanischen Schwäche sein, aber er wird niemals eine in der freien Welt anerkannte Führungspersönlichkeit werden, ebenso wenig wir die übrigen Potentaten dieser Welt.
Angesichts dieses beängstigenden Vakuums baut sich eine neue Schreckensvision auf: Der berühmte „starke Mann“. Manche wähnen ihn in der Industrie, irgendein steinreicher Self Made Man, dem des Tohuwabohu einfach zu blöde wird und der die Deutungshoheit dieser Welt nicht nur für sich reklamiert, sondern sie auch ergreift.
Das wäre ein weiterer Albtraum, weil diese Person ohne Legitimierung, ohne Auftrag und ohne Kontrolle es fertigbringen könnte, die enttäuschten Massen hinter sich zu bringen und dann mit Geld, gekauften Medien und dem „gesunden Volksempfinden“ im Rücken all denen Recht geben könnte, die schon heute behaupten, Demokratie sei eine Schimäre, sei Augenwischerei.