Die Dreifaltigkeit der Rentweinsdorfer Kerwa

Die Rentweinsdorfer Kirchweih war schon immer etwas Besonderes, schon allein deshalb, weil sie bereits am Donnerstag, dem Himmelfahrtstag, beginnt. Früher stand gegenüber vom Pfarrhaus das Kettenkarussell, links vom Kriegerdenkmal gab es eine Wurfbude und rechts davon bewiesen die Halbstarken an der Schießbude, wie toll sie waren.

Dann kam das Karussell, auf dem eine Trambahn, ein Traktor, ein Feuerwehrauto später ein Düsenjäger Runden drehten. Dahinter hatten der Kaufmann Müller und sein Kollege, der Götzen-Schmidt, ihre Buden aufgestellt, wo es vom Eis bis zu Tröten alles gab.

Schon rechts von der ehemaligen gepflasterten Regenrinne stand die Losbude. Der Erlös, ging an den Kindergarten. Irgendwo dazwischen hatten der Herold und der Biggo ihre Bratwurststände aufgebaut, die den ganzen Festplatz in eine einzigartige Duftwolke hüllten. Später ersetzte beide der Rango.

Für uns Buben begann die Kerwa schon einige Tage vorher, weil wir beim Aufbau des Karussells helfen durften. Auf dem etwas abschüssigen Planplatz war es gar nicht so einfach, die Lauffläche für Trambahn und Konsorten waagerecht hinzubekommen. Mit Unterlegeplättchen und Wasserwaage schafften wir das schließlich, hatten dabei nicht nur etwas gelernt, sondern auch noch ein paar Freifahrten verdient. Eine Fahrt kostete 20 Pfennig, sechs, eine Mark. Heute würde man das Marketing nennen, damals stürzte mich diese Preisgestaltung in unendliche mathematische Grübeleien.

Kettenkarussell bin ich nur einmal gefahren… Aber die Schießbude hatte es mir angetan obwohl ich kaum über den Tresen schauen konnte. Karussellfahren liebte ich und stellte bei jeder neuen Kerwa fest, dass ich dafür eigentlich schon zu groß und zu erwachsen war. Von unseren Eltern bekamen wir eine Mark, von unserem Großvater noch mal fünfzig Pfennig drauf. Das war damals schon nicht viel. Wenn ich kein Geld mehr hatte, munterte mich die Schmidts Kalina so auf: „Ach Goodla, geh hald ham zu dein Vadder, der soll a Echn ausn Wald hol, nacher hadder wieder a Geld“. So habe ich anlässlich der Kerwa auch gelernt, wie das mit dem Geldverdienen geht.

Eine besondere Anziehungskraft hatte die Losbude. Hauptgewinn war ein Fresseimer. Der war bis oben hin mit Bombom, Lutscher, Schogglaad, Blädsla, Eichetti Eiskonfekt und Brausepulver aufgefüllt. Störend war nur die Flasche Waldmeistersekt. Diesen Fresseimer zu gewinnen, ist mir einmal gelungen. Ich dachte damals, schöner kann es jetzt im Leben nimmer kommen.

Zur Bratwurst wurden wir vom Vater eingeladen, Manchmal gab es sogar „a dobblda Eigazwiggda“. Viel später habe ich dann gelernt, dass die Kunst es Bratwurstessens darin liegt, nur die Wurst zu vertilgen und dann das Brödla neu bestücken zu lassen. Meine aus der Schweiz stammende Frau hat das System sofort begriffen und eine Vorliebe für die Rentweinsdorfer Bratwurst entwickelt. Als ich sie das erste Mal mit auf die Kerwa brachte, hat sie an einem Tag 18 Stück verdrückt.

Die Kirchweih soll ja an die Weihe unserer Kirche erinnern. Das war ein schwieriges Thema, denn was eine Dreifaltigkeit ist, wussten wir nicht. Meine „Sunndichshosen“ hatte an jedem Bein vorn und hinten eine Falte, wozu braucht man drei? Und dann mussten wir auch noch in die Kirche gehen! Das mussten wir an anderen Sonntagen auch, aber besonders am Kirchweihsonntag war das quälend. Während Pfarrer Laacke predigte, kreisten aller Gedanken nur um Bradwörschd, Seidla, Schiessbude und den Fresseimer.

Und dann kam der Dienstag. Über Nacht war alles abgebaut worden. Wir Buben suchten den Planplatz nach verlorenen Münzen ab und wurden auch immer fündig.

„Aber was mechsd mid an Märgla, wennst damit nimmer sechs mol Karussell fahrn kast?“

 

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