Verfassungsrecht für Flüchtlinge VIII

In der Friedensgemeinde am Ossietzkyplatz wird jeden zweiten Sonntag eine Kaffeestunde für Flüchtlinge veranstaltet. Gestern durfte ich im Anschluss daran vor syrischen Asylsuchenden den Vortrag über Grundrechte halten.

Mit Ablauf der Zeit ändern sich Fragen und Bedürfnisse. Ging es zu Beginn der Serie unabhängig vom behandelten Thema immer darum, was man machen muss, damit der Asylantrag positiv bescheidet werde, ist man jetzt ganz offensichtlich dem täglichen Leben und seinen Fährnissen nähergekommen.

Mütter fragen, was man tun kann, wenn das Kind in der Schule von den Mitschülern gehänselt und ausgegrenzt wird?

„Reden Sie mit dem Lehrer,“ riet ich. „Der hat gesagt, da könne er nichts machen.“

Das muss man sich mal vorstellen: Ein Lehrer, der sagt, er könne nicht beeinflussen, was seine Klasse so macht. Das ist entweder ein Eingeständnis von Unfähigkeit oder aber Fremdenfeindlichkeit. In Pankow hat bei den letzten Wahlen die AfD immerhin 13% abbekommen. Da kann es natürlich sein, dass auch Lehrer unter diesen Anhängern sind, oder?

In ein entsprechendes Horn blies ein deutscher Zuhörer, der es ungerecht findet, dass die Türken zwei Pässe haben, er aber nur einen. Das könne ihm doch wurscht sein, tröstete ich ihn. „Ich finde es aber trotzdem nicht richtig, dass die einen Pass mehr haben, als ich.“ Und dann ging er.

Zwei junge Männer wechselten sich bei der Übersetzerei ab. Sie sprachen hervorragendes Deutsch und berichteten, sie seien erst ein gutes Jahr in Deutschland. Chapeau!

Sie unterstützten mich sehr bei dem Aufruf, dass ohne Deutschkenntnisse Integration unmöglich sei. Ohne es beabsichtigt zu haben, schlich ich mich ins Herz der zahlreich anwesenden Mütter, als ich vortrug, die Frauen sollten sich nicht einreden lassen, sie bräuchten kein Deutsch zu lernen. Unbestreitbar seien sie das Herz der Familie und ihre Kinder würden sich hier nie zurechtfinden, wenn dem Herz der Familie Deutschland fremd bliebe.

Bei ihren Übersetzungen merkte ich, dass das Wort „Regierung“ durchwegs mit „Merkel“ übersetzt wurde. Die Dame ist unterdessen im Bewusstsein, derer die dank ihrer Politik hier her kommen konnten, derartig glorifiziert, dass es an Gottgleichheit gemahnt.

Bei der Trennung von Staat und Religion kam ich etwas in die Bredouille, denn einer fragte, was denn das dann mit den „C“-Parteien sei. Naja, sie verpflichten sich eben dem christlichen Gedankengut. Ich war heilsfroh, dass niemand auf die Idee kam, zu sagen, der Islamische Staat verpflichte sich halt entsprechend auch nur dem Gedankengut seiner Religion.

Wie immer fragte ich eine der älteren Frauen, ältere Männer waren nicht anwesend, wer denn entscheide, wen die Tochter heiraten dürfe.

Während die Befragte noch grübelte, flüsterte mir eine junge Frau mit strengem Kopftuch grinsend zu: „Das entscheidet sie. Sie ist meine Tante.“

Es war auch diese junge Frau, die folgenden Witz sofort verstand: Die Gewaltenteilung heißt in Syrien nicht Judikative – Exekutive – Legislative, sondern Bashar -al – Assad.

In zwei Wochen sind die Afghanen dran. Ich habe die power-point Präsentation unterdessen auf Arabisch, Persisch und Russisch.

 

 

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