Neulich war ich mit meiner Schwester auf einen Kaffee verabredet. Auf der Straße schlug sie vor, zu „ihrem Türken“ um die Ecke zu gehen.
Ich plusterte mich auf und schwadronierte herum, zu Türken ginge ich nicht mehr, ich trüge mein Geld, ich sagte „mei Märgla“, nicht zu Leuten, die hier die Vorzüge des Rechtsstaates genössen, und gleichzeitig für dessen Abschaffung in der Türkei stimmten.
Ich muss zugeben, dass ich mir richtig gut vorkam.
Meine Schwester meinte, man dürfe nicht so verallgemeinern, wogegen ich etwas von „harte Kante zeigen“ erwiderte.
An sich aber waren wir uns einig, dass das, was derzeit am Bosporus passiert, ein „no go“ sei.
Sie erzählte mir, sie habe neulich mit einer in Deutschland geborenen türkischen Ärztin gesprochen in der festen Annahme, sie fände den Erdogan ebenso machtgeil, macchiavellisch und primitiv wie sie selbst. Oh, da hatte sie in ein Wespennest gestochen! Die Freundin fuhr meine Schwester an, was den Deutschen denn einfiele, sich in die inneren Angelegenheiten der Türkei einzumischen, das ginge uns überhaupt nichts an, das sei die Arroganz des christlichen Abendlandes, die Türken könnten machen, was sie wollten etc.
Natürlich hatte die Dame Recht, wenn sie meinte, die Türken könnten machen, was sie wollten. Nur dann müssten eben alle Türken wieder in die Türkei zurückziehen und dort können sie dann undemokratische und andere Süppchen kochen, solange ihnen Lust danach ist.
Nur, und das müssen die in Deutschland lebenden Türken wissen, besonders diejenigen, die auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen: Man kann nicht in Izmir Autokrat sein und in Bielefeld Demokrat. Wenn hier wahlberechtigte Türken mehrheitlich oder auch nicht mehrheitlich für die Abschaffung der Demokratie in der Türkei stimmen, dann müssen sie sofort unter Beobachtung des Verfassungsschutzes gestellt werden, denn, wenn das so ist, dann sind sie auch eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland.
In dieses Gespräch vertieft suchten meine Schwester ein nicht türkisches Café und fanden schließlich ein kleines Lokal, über dem „Café Pronto“ stand. Ich war begeistert, denn ich liebe italienischen Caffè, noch dazu lagen in der Theke Krapfen, die mit Puderzucker bestreut waren. Ich halte Krapfen mit Zuckerguss für eine Entgleisung.
Die Italienerin machte zwei wunderbare Capuchini und meine Schwester und ich unterhielten uns prächtig an einem kleinen Tisch, an dem ich feststellte, dass man gepuderte Krapfen dann nicht essen sollte, wenn man einen schwarzen Pullover anhat. Wir erzählten uns den neuesten Quatsch, lästerten über die „üblichen Verdächtigen“ in der Familie, waren uns nicht immer ganz einig, lachten über alte und neue Witze und hatten es richtig schön.
Ich lud ein, man ist ja Kavalier, und als ich an den Tresen zum Bezahlen trat, hörte ich, dass im hinteren Teil des Lokals ein heftiger Streit ausgetragen wurde.
Ich verstehe ganz gut italienisch, aber bin natürlich kein Experte in den verschiedenen Dialekten, die auf dem Stiefel gesprochen wurden. Dieser Dialekt war aber wirklich sehr unitalienisch. Als die Kassiererin mir verheulten Augen nach vorne kam, fragte ich sie, woher ihre Familie denn aus Italien stamme.
„Wir sind keine Italiener, wir sind Türken“, schniefte sie.
Ich musste daran denken, weshalb man im Schlengerla in Bamberg nicht pinkeln darf:
„Dringsd a Bier in‘n Schlengerla, gehsd aufn Abord und brunsdes wieder naus. Vo do fliessds nei die Rechnitz, übern Rhein-Main-Donau Kanal fleissds nei die Donau, vo do nein Scharzn Meer, scho ham die Dürgn die Märgla, du Kaschber.