Die Nachricht, dass in der Nähe eines irischen Klosters die Leichen von annähernd 800 Babys und Kleinkindern gefunden wurden, treibt mich um, wie schon lange nichts mehr, der ich dachte, mich könne nichts mehr erschüttern.
Um es vorwegzunehmen: Ich weiß, dass es in evangelischen Kinderheimen grausam und unmenschlich zuging und ich hoffe, ich habe Recht mit der Vergangenheitsform.
Allerdings hat ist Entdeckung in Irland von anderer Qualität, denn hier geht es um Massenmord unter dem Deckmantel unserer christlichen Religion.
Wie konnte es dazu kommen? Uneheliche Kinder galten bis vor wenigen Jahrzehnten als Kinder der Sünde und gerade der Umstand, dass eine unverheiratete Frau schwanger geworden war, galt als Beweis für ihre Unverantwortlichkeit und Unreife. Logische Folgerung: So eine ist nicht fähig, das Kind der Sünde alleine aufzuziehen, zudem bedeutet ja eine alleinerziehende Mutter die Zurschaustellung der Sünde selbst. Das Kind wegzunehmen war logische Folge.
So weit, so schlecht.
Wenn nun festgestellt wird, dass in einigen dieser kirchlichen Verwahranstalten systematisch getötet wurde, dann muss das jemand mit Lust getan haben. Mit Widerwillen tötet man keine Kinder. Diejenigen, die überlebten, verließen die Heime als seelische Krüppel.
Solche Praktiken gab es nicht nur in Irland. Meine Ehefrau wurde als Mädchen nach Lille in ein Kloster geschickt, um dort französisch zu lernen. Nach einigen Monaten floh sie und berichtet noch heute mit Schaudern davon, wie schlecht dort die kasernierten Mädchen von den Nonnen behandelt wurden.
Noch einmal die Frage: Wie konnte es dazu kommen? Die Antwort drängt sich jedem vernünftig Denkenden auf: Weil der Staat es versäumt hat, den Frauen eine praktikable Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs an die Hand zu geben. Ich habe das schon vor ein paar Wochen geschrieben und viel Unmut geerntet. Erwartungsgemäß von Männern, die weltweit die Speerspitze der Bewegung gegen die Abtreibung bilden. Honi soit, qui mal y pense!
Derzeit wimmelt es in den sozialen Medien von Beiträgen, die vor der Gefahr der Islamisierung Europas warnen. Das sei eine mörderische, hinterwäldlerische Religion, an der die Segnungen der Aufklärung spurlos vorübergegangen seien.
Aha! Das Christentum vor der Aufklärung war demnach auch nicht gerade das Gelbe vom Ei, oder? Heißt das, nicht nur wir, sondern auch die Religionen änderten sich mit den Zeitläuften? Tempora mutantur, nos et mutamur in illis?
Offenbar ist am Christentum, unserer gemeinsamen in Europa mehrheitlichen Religion, die Aufklärung auch nicht so richtig haften geblieben: Sexueller Missbrauch Schutzbefohlener, Quälereien und nun sogar Massenmord an unschuldigen und wehrlosen Kindern bis in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts!
Wer wagt es da noch, Abtreibung Mord zu nennen? Niemand treibt gerne ab. Aber es ist das Recht der Frau zu entscheiden. Wenn das nicht gewährleistet ist, besteht die Gefahr, dass Menschen oder Institutionen, die glauben, es besser zu wissen, ungewollt Geborene in ihre „Obhut nehmen, und wie in Spanien geschehen, ohne den Willen der Mütter zur Adoption freigeben. Es geht schrecklicherweise sogar so weit, dass diese Kinder umgebracht werden.
Was muss ich vor der Islamisierung Angst haben, wenn ich selber einer Religion angehöre, die Kindsmord zugelassen hat und dies bis heute vertuscht wurde?