Des Bissle Arc de Triomphe…

Der Oberst von Perfall war drahtig und klein. Er kommandierte das berühmte 17er Reiterregiment in Bamberg. Dass ihm Onkel Wolfgang Thüngen als Adjutant beigestellt worden war, ist ein Beweis dafür, dass man auch in der Heeresleitung Sinn für Humor hatte, denn der Gute war über 2 Meter groß und wog zweieinhalb Zentner aufgebrochen. Wenn die beiden auf dem Exerzierplatz erschienen, war es schwierig die Disziplin der Truppe zu wahren, denn sie gaben einfach gemeinsam eine Witzblattfigur ab. Dem Obersten hat das nicht geschadet, er stieg zum General auf, Onkel Wolfgang aber zog sich auf sein Schlösschen in der Rhön zurück. Kenner der Materie behaupteten, es wirkte wie aufgebläht, wenn er anwesend war.

Er hätte dort mit seiner Frau ein ruhiges Leben geführt, wenn nicht seine Schwestern ein Wohnrecht auf dem Heilsberg gehabt hätten. Die drei Schwestern waren allesamt erstaunliche Damen, und Onkel Wolfgang dankte seinem Schöpfer allmorgendlich auf den Knien dafür, dass zwei davon verheiratet waren und nur selten von ihrem Wohnrecht Gebrauch machten. Eine aber, o weh, blieb unverheiratet und ging ihrem Bruder durch ihre Frömmigkeit und ständige Anwesenheit ganz gehörig auf den Keks.

Andauernd empfing sie irgendwelche hochgestellte Geistlichen, unter dem Oberkirchenrat tat sie es nicht. Und dann wurde Onkel Wolfgang mitsamt seiner Leibesfülle die engen Treppen zum Keller hinuntergeschickt, um Wein heraufzuholen.

Seinem Ärger machte er regelmäßig dadurch Luft, dass er die Propheten schmähte und zwar dann besonders innig, wenn er wusste, dass der geistliche Herr bereits im Haus war.

„Der Dunnerkeils Jesaja, und erschd der Jeremia-Fregger, Sau-Baruch, blöder, und den Scheiß Hessekiel, den kannst mid’n Daniel in aan Sack schdeggd, draufkhiem, es drifft immä den Richdichn!“

Seine Stimme grollte aus den Kellergewölben empor und der fromme Mann im Salon versuchte die peinliche Situation dadurch zu überspielen, dass er seine frommen Salbadereien schrie.

Onkel Wolfgang war also durchaus wählerisch wenn es darum ging, wen er mochte und wer ihm auf die Nerven ging. Als ihn die Nachricht erreichte, dass ein naher aber äußerst ungeliebter Verwandter in den Armen seiner Frau nach Erhalt der kirchlichen Tröstungen verstorben sei, meinte er nur:

„Jetzt tut uns der Kerl auch noch den Tort an und nimmt ein gottseliges Ende!“

In seinen jungen Jahren, noch unverheiratet, hatte Onkel Wolfgang eine Reise nach Paris unternommen.

Paris: Kultur, Esprit, Flair, Kunst, jaja, das gab es auch, aber Paris hatte eben auch ein G‘schmäckle, wenn ein junger Mann da alleine hinfuhr.

Als er wieder nach Hause in die Rhön zurückkam, war die Gesamtfamilie gespannt wie ein Flitzebogen. Man erwartete eine genaue Reisebeschreibung und erhoffte sich dabei Hinweise auf das Vermutete, jedoch Unaussprechliche.

„Na, wie war’s denn?“ „Jetzt erzähl halt!“ „Wirst ja nicht die ganze Zeit im Louvre rumgelaufen sein, oder?“ Bei diesem Sturm der Fragen blieb Wolfgang ganz ruhig und schließlich sagte er nur dies:

„Des Bissle Arc de Triompf, und sonst is’s wie draus Grombühl!“

Für Nichtfranken: Grombühl war damals der Teil Würzburgs, den man euphemistisch als Problemviertel bezeichnen würde.

 

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