Angst ist kein guter Ratgeber und Bedrückt sein auch nicht. Ich muss aber zugeben, dass ich mich nicht erinnere, je mit solcher Sorge in die Zukunft gesehen zu haben, wie derzeit.
Was in den USA passiert, ist en vollkommenes Novum. Bisher konnte man durchaus beobachten, dass jeder Regierende, jede Exekutive in einem demokratischen Land mal abtastet, bis wohin sie die Legislative gewähren lässt, wann sie „HALT“ schreit.
Seit dem 20. Januar 2017 gibt es in den USA eine Regierung, die sich einen feuchten Kehricht um die Verfassung schert. Ja, deren Mitarbeiter sogar offen zugeben, Auftrag bekommen zu haben, wie man zum Beispiel das Verfassungsgebot er Nichtdiskriminierung umgeht.
Sieht man davon ab, die Sinnhaftigkeit einer Mauer zu hinterfragen, sieht man davon ab, dass es in erster Linie Männer sind, die sich zu Beschützern und Vormunden des weiblichen Unterleibs aufspielen, sieht man davon ab, dass Millionen von Menschen der Zugang zu öffentlicher medizinischer Versorgung abgeschnitten wurde, sieht man davon ab, dass „America first“ unterdessen einen Zusatz bekommen hat, nämlich „Christians first“, dann ist und bleibt es nach vier vor extrem besorgniserregend, dass sich die Regierung des mächtigsten Staates des demokratischen Westens nicht zu blöde ist, Menschen in offen verfassungswidriger Weise zu diskriminieren.
Und nebenbei, „Schiss hamse auch hoch“ denn Muslims aus Saudi-Arabien und Ägypten sind von der Diskriminierung ausgenommen. Das sind wichtige Staaten. Aber Sudan? Jemen? Syrien? Somalia? Libyen? Irak? Iran? Außer dem letzten Land sind das Staaten die am Boden liegen oder nie irgendwie Bedeutung hatten. Den Stiefel einem Löwen in den Nacken treten, das erfordert Mut – aber eine Hauskatze?
Trotz ihrer Unbedeutendheit haben diese Länder eine Bevölkerung, die, vielleicht sollte man daran erinnern, aus Menschen bestehen. Das sind arme, zum Teil notleidenden Menschen. Diese sind für Hass und Propaganda besonders empfänglich. Wer glaubt denn bitteschön, dass Diskriminierung ein Mittel zur Eindämmung des Radikalismus wäre?
Was mich so fassungslos macht, ist die unsägliche, gehässige Dämlichkeit, die plötzlich Regierungsdoktrin wird.
Gelogen wurde schon immer, besonders in der Politik. Es ist also nichts Neues, was da in den USA passiert. Neu ist, dass dieser Präsident kaum etwas verlautbaren lässt, was entweder glatt gelogen ist oder ab er eine vollkommene Unkenntnis der der Realitäten zeigt.
Derzeit sieht es so aus, als erwachten die verfassungstreuen Amerikaner gerade aus ihrer Schockstarre nach dem Wahlausgang. Niemand bezweifelt, dass der 45. Präsident legitim und legal in sein Amt gewählt wurde. Nur, was er jetzt tut und unternimmt, das ist zum großen Teil weder legitim und legal.
Dass sich die USA immer hinter ihrem Präsidenten scharen, ist gute demokratische Tradition. Nichtsdestotrotz werden es die US-Bürger sein müssen, die dem gewählten Präsidenten Einhalt gebieten, indem sie die Gerichte anrufen.
Jetzt kommt die Stunde der großen Juristen, die so oft in Hollywood Filmen glorifiziert wurden. Der Supreme Court ist gefragt.