Die Werbebranche schläft nicht.

 

„20 % AfD Wähler! Mann das ist ja ein Wahnsinnspotential! Denn auch diese Mitbürgerinnen und Mitbürger sind Konsumenten. Die muss man doch ansprechen! Die kann man doch nicht schon wieder vergessen! Wir müssen denen das Gefühl geben, dass wir sie direkt mit dem Produkt ansprechen. Wir müssen den Auslöser des Kaufreflexes mit den politischen Überzeugungen dieser Leute koppeln. Hören wir auf, das Negative zu sehen! Die AfD Wähler haben auch eine positive Eigenschaft: Sie sind Konsumenten. Das sind unsere Leute.“

Soweit das Zitat. Es stammt aus dem Montagsbriefing der Werbeagentur Rödel, Baiersdorf und Rödel in Hamburg. Ich kenne Frau Baiersdorf aus früheren Jahren, sie verrät mir manchmal was.

Zunächst ist nun man bei den Werbern dabei, die politischen Überzeugungen der AfD Wähler zu analysieren:

Merkel muss weg. – Man denkt völkisch. – Viele leben von Staatsknete und sind dennoch dafür, dass die AfD Hartz IV abschaffen will. – Ausländer kennen sie nicht, sind aber dagegen – Schüsse an der Oder-Neisse Grenze, warum nicht? – Mehrheit der AfD Wähler sind Männer – Deuxit? Jawoll aber auch!

Und schon geht das brainstorming los:

„Und nun müssen wir nur noch die festlegen, welche Branchen, wir mit welcher Phobie koppeln:“

„Das hier ist für VW: Gib der Merkel Zunder! Kauf einen Golf Diesel und ihre Klimaduselei kann sie sich sonstwohin stecken“.

„Und das mit der Oder-Neisse Grenze bieten wir Hecker und Koch an. Auf so nahe Distanz trifft sogar das G-9 Gewehr!“

„Und noch mal VW: Denkt v…kisch. Volkswagen! Damit man seine Meinung wieder frei sagen darf.“

„Aber das mit dem free from the leaver away, das sparen wir uns, bitte.“

„Der deutsche Mann hat schon immer gesoffen. Wir stehen für Tradition und Sauberkeit. Die deutschen Brauer“.

„Toyota! Ausländisch aber stark, zuverlässig und ausdauernd. Könnte deutsch sein!“

„Für die TUI Wir sind für den Deuxit. Im Winter raus aus Deutschland. In Thailand erwartet dich dein schlitzäugiges Wunder, Mann!“

„Hey Kollegen, Ihr habt die Ernährungsindustrie vergessen! Weg mit Suschi, Döner und Veggie! Es war der deutsche Soldat, der Grünkohl mit Pinkel, Labskaus und Trockenwurst in Europa bekannt gemacht hat. Konserven aus dem Spreewald!“

„Und die Versicherer? Na klar: Macht Deutschland wieder sicher. Versichert Euch bei der Ravensburg-Oldenburgischen“!

„Oder mal was Sublimes: Merkel ist gegen Zuckerzeug für Kleinkinder! Aber der deutsche Zahnarzt, der ist immer auf der Seite des Volkes!“

„Und Immobilien? Na klar: Deutsche Immobilien in deutsche Hände. Die Deutsche Bank finanziert jetzt wieder in Deutschland.“

„Halt, wissen die denn, was eine Immobilie ist?“ fragt Klaus-Hinrich. „Mann Klausi, du bist genial! Wir ersetzen Immobilie durch Scholle.“

Ihr ahnt ja gar nicht, was da noch auf uns zukommt.

Na sowas! Deutscher Adel wird missbraucht!!

Jetzt duckt sich der deutsche Adel schon seit 98 Jahren unter den Fährnissen republikanischer Regierungen weg, hält mucks Mäuschen still, fällt überhaupt nicht auf, hat sich sozusagen auf Burgen, Schlösser und in den tiefen Wald zurückgezogen, da drängt er mit Macht in die Öffentlichkeit zurück. Besser gesagt, er wird in die Öffentlichkeit zurückgedrückt, ein Fall von eklatantem Missbrauch!

Noch dazu passiert das im Internet, wo sich ja jeder tummeln kann. Seit Neustem häufen sich auf facebook etc. Namen, die allesamt im Gotha, dem Vereinsregister des Adels, vorkommen.

Ja und?

Eine berechtigte Frage. Das Problem ist, dass sich hinter diesen vornehmen Namen obskure Gestalten verstecken, die glauben, nur weil sie ein „von“ vornewegstellen, fänden sie in den sozialen Netzwerken mehr Aufmerksamkeit. Ihre Beiträge fallen dadurch auf, dass putzige Tier G’schichterln mit abstrusen right-speech Meinungen gemischt werden und dann zu allem Überfluß manchmal sogar wirklich gute Musikeinspielungen kommen. Man gewöhnt sich an die Phantasienamen, ich erfinde mal ein paar:

Armand de Aldobrandini von Kaufmann, Hippolite von Kurland de Saxe, Justine de Habsbourg Tuscany oder, etwas bescheidener, Gustav von Zitzewitz.

So ähnlich heißen sie alle die vertrauenswürdigen Mitmenschen im Netz. Sie werden zu täglichen Besuchern, ja zu Bekannten. Wenn dieses Stadium erreicht ist, dann verschicken sie Nachrichten: Der Putin ist doch eigentlich ein ganz Lieber. Die soziale Marktwirtschaft, von „dunklen Mächten streng und bös umgeben“, ist nichts weiter, als eine Verschwörung der Wall Street gegen den kleinen Mann. Motto: „Brosamen vom Tische der Reichen.“ Und so weiter, und so weiter.

Nun ist es ja ein Markenzeichen aller Verschwörungstheorien, dass ihnen in erschreckendem Ausmaß geglaubt wird: Hitler lebt mit einer 23jährigen Exotin im bolivianischen Urwald. Der Mondflug fand im TV Studio statt. Die Erderwärmung kommt daher, dass die Chinesen so viel pupsen, dies aber abstreiten. Merkel ist von der Stasi damit beauftragt worden, deren Werk fortzusetzen. Söder mag keine Bratwörschd. Berlusconi ist eigentlich auch blond. Hollande ist ein Mallörchen von André Gide und tut nur so als ob er nicht auch schwul wäre.

Das mag ja sogar noch unterhaltsam sein, schlimm aber sind die Hetzereien, die diese Typen hinter ihrem Tarnnamen hervorbringen. Drum hier einige Merkmale zum Aufspüren dieser Trolle, so heißen die nämlich.

Ein Troll zeigt nie seinen wahren Namen, daher die erfundenen Adelsnamen.

Er zeigt auch nie sein Gesicht. Dort, wo ich links unten auf meinem fb Titel der Mitwelt zumute, mein Gesicht anzuschauen, sieht man bei den Trollen meist irgendwelche Wappen. Wenn ein Familienname gewählt wurde, den es wirklich gibt, dann wird links unten meist ein Wappen aus Siebmachers Wappenbuch von 1605 veröffentlicht. Man erkennt es am sehr spezifischen lay-out, siehe  Foto oben.

Man kann den Trollen antworten. Man kann sie im gegebenen Fall auf die Strafbarkeit ihrer Äußerungen hinweisen. Aber man kann sie nicht greifen. Dazu haben, so wollen wir mal hoffen, die Ermittlungsbehörden die notwendigen Mittel.

Wenn die Trolle, die „social bots“ und wie sie alle heißen mögen oder heißen werden, ihr Spiel zu weit treiben, bleibt nur der Gang zur Staatsanwaltschaft. Das hat aber nur dann Sinn, wenn wirklich strafbare Äußerungen nachweisbar sind.

Argumentieren hat jedenfalls keinen Sinn.