Im Herbst gibt es einen Geruch, den ich über alles liebe: Der Rauch der Kartoffelfeuer. Leider hatte mein Vater seinen landwirtschaftlichen Betrieb schon sehr früh insoweit rationalisiert, als nur noch das angebaut wurde, was mit dem Mähdrescher geerntet werden konnte. So musste ich zu den Bauern im Dorf ausweichen, wenn ich bei der Kartoffelernte mithelfen wollte, denn nur so kam man an die wunderbaren Kartoffeln, die in der Glut der Feuer gegart wurden.
Ich hatte mir den Metzgers Bedä ausgesucht und ging mit ihm und seiner ganzen Familie hinaus auf den Kartoffelacker
Der Metzgers Bedä hieß weder Metzger noch Peter. Da sein Vater Hausschlachtungen machte, hieß ursprünglich dieser so. Und dann war der Name halt auf den Sohn übergegangen, der eigentlich Martin Zürl hieß.
Der Metzgers Bedä hatte einen Apparat an seinen Traktor geschraubt, der die Kartoffeln aus dem Erdreich holte. Wir mussten die „Grumbern“ nur in geflochtenen Körben aufsammeln, die, wenn sie voll waren, in große Säcke entleert wurden. Mit der Zeit wurde das für mich, den damals noch nichtmal Zehnjährigen, anstrengend. Ich sehnte mich nach der Brotzeit.
Als es so weit war, wurden die vollen Säcke zu Boden gelegt und die Mannschaft versammelte sich darauf sitzend in der Nähe des wärmenden Kartoffelfeuers. Das Brot wurde mit der Hand geschnitten und aus den Brotzeitbeuteln kamen wahre Schätze an Wurst und Käse hervor.
Ich hatte natürlich auch eine Brotzeit von zu Hause mitbekommen, die ich nun erwartungsvoll auspackte. Sofort erntete ich Hohn und Spott in bisher nicht gekanntem Ausmaß, denn meine Brotzeit bestand aus einem Marmeladenbrot.
Ich hatte bis dahin überhaupt nichts Schlimmes an einem Marmeladebrot gefunden, aber das lag eben daran, dass ich vorher noch nie Brotzeit mit Menschen gemacht hatte, die körperlich hart arbeiteten. Eine Pause beim Schulausflug war halt keine Brotzeit.
Der Metzgers Bedä verbot mir schlichtweg, mein Marmeladenbrot zu essen. Seine Mutter schnitt eine riesige Scheibe vom Brotlaib ab und gab sie mir zusammen mit einer dicken Scheibe Rodgelechdn, zu Deutsch, rotem Presssack. So etwas gab es bei uns zu Hause nie, und wenn doch, dann ganz bestimmt nicht in solchen zentimeterdicken Scheiben.
Zur Freude aller genoss ich meine Brotzeit ungemein.
Als die Pause vorüber war, verkündete der Metzgers Bedä folgenden Sinnspruch, der mich seither bis in mein heutiges Übergewicht begleitet hat:
Mammelade, Mus und Safd, bringt viel Scheise, wenich Grafd.
Ich mag Kartoffel. 😉