Sprachschwierigkeiten

Auf Ibiza hat man keine Nachnamen, deshalb bekamen, den Ibizencos gleich, auch deutsche Residenten einen Beinamen:

Der Objekte Horst schuf mit den Korken der ausgetrunkenen Flaschen Kunstwerke, der Friedhofs Klaus wohnte dort, es gab den Sülzen Hans, die Dackel Marta, die mit dem Kneipen Rolf zusammenlebte, die (hinter ihrem Rücken) Schuppen Agnes und den Schnittlauch Friedhelm. Letzterer versuchte den Insel-Markt mit Schnittlauch zu überschwemmen, was aber an Bodenbeschaffenheit und Klima scheiterte.

Alle vereinte sie, dass sie fanden, spanisch müsse man nicht lernen.

Ich war einer der wenigen deutschen Residenten, der spanisch sprach und wurde daher öfters zu niederen Übersetzungsdiensten missbraucht.

Eines Tages kam die Dackel Marta zu mir und bat, ihr zu helfen. Es kratze sie und sie müsse zum Frauenarzt. „Aber spanisch kann ich nicht und der Rolf darf nichts davon erfahren.“

Ich habe zwar einen Bruder, der Gynäkologe ist, bin aber fachlich nur insoweit eingeweiht, als er mich am Telefon übersetzen lässt, wenn peruanische Prostituierte bei ihm zur Reihenuntersuchung zwecks Erhalts des „Bockscheins“ kommen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse würden mir helfen, dachte ich, und so machten wir uns auf den Weg gen Ibiza Stadt. Der Dackel blieb zu Hause.

Doctor Eguineche hatte eine Riesenpraxis in der Avenida España. Wie bei Zahnärzten reihte sich Behandlungszimmer an Behandlungszimmer.

Marta wurde aufgefordert, sich frei zu machen und sich auf den gynäkologischen Stuhl zu setzen, was sie auch tat. Ich versuchte, mich möglichst am Kopfende aufzustellen und bemerkte, dass die Tür zum Gang offen war. Ich schloss sie. Sofort wurde sie von der Arzthelferin wieder aufgerissen „Hay mucho perverso aquí“ blaffte sie mich an.

Ich riet nun der Dackel Marta, sich normal hinzusetzen, denn der gynäkologische Stuhl war auf den Gang hin ausgerichtet.

Nach einer halben Stunde Wartens kam Doctor Eguineche und wollte wissen, ob ich der Ehemann sei. Nein, nur der Übersetzer. Ich aber wollte wissen, weshalb die Patientinnen der unwürdigen Prozedur der offenen Tür unterworfen würden, worauf er nur murmelte, ibizencische Ehemänner seien sehr eifersüchtig.

Nun gut, ich blieb bei meiner Stellung, der Kopfendenstellung, und erfuhr, dass eine Paarbehandlung notwendig sei. Der Arzt übergab mit ein Rezept mit der Mahnung, den Ehemann zu instruieren.

Auf der Fahrt übersetzte ich noch einmal, was Doctor Eguneche gesagt hatte. Die Dackel Marta wurde immer kleinlauer.

„Der Rolf darf davon nichts erfahren, das hab ich doch beim Reusen Fritz aufgelesen.“ Auch er war Künstler, benutzte allerdings Reusen statt Flaschenkorken.

„Es nützt aber nichts, wenn dein Rolf nicht mitmacht, sonst steckt ihr euch nur andauernd gegenseitig an.“

„Aber mach es schonend, der Rolf weiß nichts von meinem Besuch beim Frauenarzt.“

Am nächsten Tag suchte ich Rolf zu einer Zeit in seiner Kneipe auf, zu der ich annahm, wir würden allein sein. Ich erzählte ihm die Geschichte, dass es die Dackel Marta gezwickt habe und dass ich zwecks Übersetzung mit ihr zum Arzt gefahren sei. Und nun sei eben eine Paarbehandlung notwendig und da sei es wichtig, dass er mitmache.

„Ich hab’s doch gewusst…“ brach es aus ihm heraus. Er schimpfte auf die Frauen und zu meiner Anfangs-Verwunderung ganz besonders auf die Schuppen Agnes.

„Bei der hab ich das doch aufgelesen“, beschloss er seinen Ausbruch.

„Sag bloß der Marta nix davon, ich werd ihr das schon irgendwie verklickern, unser Brunnen führt kein gutes Wasser oder sowas, mir wird schon was einfallen.“

Tage später fragte mich die Dackel Marta, wie ich das denn mit dem Rolf hinbekommen hätte. Der sei ganz friedlich, nett wie nie, und die Partnertherapie mache er auch ganz brav mit.

 

 

 

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