Terror, Ferdinand von Schirach

Erstmals veröffentlicht auf meiner facebook Seite im März 2016

Im Februar haben wir uns in München in einem winzigen Theater die dortige Uraufführung des Theaterstückes angesehen, das Ferdinand von Schirach unter dem Titel „Terror“ veröffentlicht hat.

Es geht darum, ob ein Bundeswehroffizier den Abschuss eines voll besetzten Flugzeuges befehlen kann, damit mehrere hundert Menschenleben riskiert, aber tausende rettet, denn ohne den Abschuss wäre das Flugzeug von Terroristenhand in die ebenfalls vollbesetzte Allianz Arena in München gestürzt.

Der Clou daran ist, dass nach Beendigung des Stückes das Publikum per Hammelsprung entscheidet, ob der Offizier verurteilt werden soll oder nicht.

Uns wurde berichtet, in Nürnberg werde das Stück zeitgleich ebenfalls uraufgeführt und man sei gespannt, ob dort anders abgestimmt werde, als in München.

Mit uns schaute sich das Stück an mein Freund und Vetter Schorsch, seines Zeichens Doktor der Soziologie. Eines der wichtigsten Merkmale unserer nun schon fast lebenslangen Freundschaft ist, dass wir immer verschiedener Meinung sind. So auch bei der Abstimmung im Theater.

In München gewann eine Mehrheit, die den Offizier wegen übergeordneten Notstandes freisprach. Die Mehrheit hatte sich gegen die Verfassung entschieden, nicht so in Nürnberg. Ich ärgerte Schorsch damit, dass in München wohl mehr Soziologen und Pädagogen anwesend gewesen seien, während in Nürnberg Juristen die Sache entschieden hätten.

DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR (Artikel 1 Grundgesetz).

Es steht dem Menschen nicht zu, abzuwägen, ob die schiere Menge einer Menschengruppe mehr wert sei als die die zahlenmäßig kleinere Gruppe von Menschen. Wer das entscheidet, würde Gott spielen, und einen bis dahin vollkommen ungefährdeten Menschen in Gefahr bringen, um andere Menschen, die bereits in Gefahr schweben zu retten.

Bei Schirach ist die Sache verzwickter, denn die Leute im Flugzeug, würden so oder so sterben. Die Frage ist nur, ob der Offizier die sowieso Totgeweihten durch Abschuss einem früheren Tod „zuführen“ durfte, um so andere zu retten.

Bei aller Verfassungstreue, ich wüsste heute nicht, wie ich im konkreten Fall handeln würde. Ich nehme an, ich würde mich wissentlich strafbar machen, um die Menschen im Fußballstadion zu retten. Da geht einfach der „Mensch“ mit mir durch und die Ratio, die mich in München „richtig“ hat abstimmen lassen, rückt in den Hintergrund.

Das zeigt, wie dünn mein/unser Verständnis der Menschenwürde ist. Hält es einer wirklichen Probefahrt stand? Lassen wir in unserem Leben Lagunen zu, wo die Menschenrechte nur bei schönem Wetter gelten?

Der Zuzug tausender Ausländer aus Ländern, in denen die Bewahrung der Menschenrechte nur auf dem Papier steht, bringt es mit sich, dass wir diesen Menschen nahebringen müssen, was die Würde des Menschen bedeutet, zumal es eines der beliebtesten Machtdemonstrationen unter Diktatoren ist, eben diese mit Füssen zu treten.

Über die Würde des Menschen zu sprechen bedeutet aber auch, selbst zu wissen, was das bedeutet.

Theoretisch weiß ich es und dennoch spüre ich, dass im täglichen Leben es nicht immer dieses Wissen ist, was mich anleitet. Ich nehme an, das geht den Meisten so.

Das ist bedenklich.

In den kommenden Monaten stehen in Berlin und Mc Pom Wahlen bevor, im kommenden Jahr auch im Bund.

Wäre vielleicht mal ganz interessant, die einzelnen Kandidaten danach abzuklopfen, wie sie es mit der Menschenwürde halten.

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