Affairen und Karrieren im 18. Jahrhundert!

Sophia von Habsberg wurde 1757 in Nienburg an der Weser geboren. Ihr Vater war Grundbesitzer und hannoverscher Land- und Schatzrat.

Mit fünfzehn Jahren heiratete sie den achtundzwanzigjährigen braunschweigischen Beamten Ernst Ludwig von Lenthe und hatte mit diesem eine Tochter, Antoinette, die später meinen Ur-Ur-Urgroßvater Siegmund von Rotenhan heiratete. Der schöne Name Antoinette wurde in der Familie nicht weitergegeben wohl aus der begründeten Besorgnis heraus, er würde in Franken „Andoiledde“ ausgesprochen.

Lenthe war eng befreundet mit Karl August von Hardenberg, der in kurfürstlich hannoverschen Diensten stand. Da der Kurfürst von Hannover gleichzeitig der König von Großbritannien war, hielt sich Hardenberg öfters in Staatsgeschäften in London auf, wohin er seine neun Jahre jüngere Ehefrau Christiane von Hardenberg Reventlow mitnahm. Die begann ziemlich bald und ziemlich offen eine Affaire mit dem britischen Kronprinzen, der später als George IV den britischen Thron besteigen sollte.

Bevor die Liaison allgemein ruchbar wurde, griff Hardenberg seine Frau und zog mit ihr nach Wolfenbüttel, wo auch Freund Lenthe unterdessen Dienst tat. Dort langweilte Christiane sich gottserbärmlich. Sie vertrieb sich die Zeit mit weiteren Affäiren, was Hardenberg dazu bewog, Freund Lenthe die Frau auszuspannen. Beide Ehen wurden geschieden. Christiane starb 1793 mit nur 34 Jahren. Hardenberg heiratete 1788 seine wegen ihm geschiedene Lenthesche Errungenschaft.

Damit war der später so große Hardenberg im kleinen Wolfenbüttel gesellschaftlich unten durch. Er ging in ansbachische Dienste. Seine neue Frau nahm die eigene und die Tochter Lucie aus Hardenbergs erster Ehe mit nach Ansbach. Im nahen Unternzenn verkehrte Siegmund Rotenhan oft im Hause seiner Großeltern Seckendorff und es ist anzunehmen, dass er dort in Mittelfranken Antoinette kennenlernte. Sie heirateten 1794.

Im Gegensatz zu ihrer Mutter muss Antoinette eine äußerst biedere Dame gewesen sein, der es zu verdanken ist, dass wir Rotenhans nicht alle vor Degeneration mit dem Kopf unter dem Arm auf die Welt gekommen sind. Schon 1806 verstarb sie.

Sophia Habsberg-Lenthe-Hardenberg langweilte sich in Ansbach so wie ihre Vorgängerin dies schon in Wolfenbüttel tat. Sie brannte mit einem sizilianischen Musiker durch. Es wird überliefert, sie habe sich von der Stief- und der eigenen Tochter wie folgt verabschiedet:

„Mesdemoiselles, brossez les dents, comportez bien et essayiez de plaire. Quant à moi, je m’en vais“. Putzt euch die Zähne, benehmt euch gut und versucht zu gefallen. Was mich betrifft, so gehe ich jetzt. Die Geschichte ist schön, aber nicht wahr, denn damals waren beide jungen Damen bereits verheiratet und wohl kaum in Ansbach anwesend.

Die Ehe endete 1801 mit Scheidung. Hardenberg wurde von Ansbach zum Hohenzollern-Vetter nach Berlin weitergereicht, wo er Karriere machte: Er wurde Staatskanzler, führte Preußen durch die Wirren der napoleonischen Zeit, tanzte auf dem Wiener Kongress sehr erfolgreich und brachte es zum Fürsten

Seine Tochter Lucie heiratete einen Grafen Pappenheim. Die Ehe hielt nicht lange und später heiratete sie den Grafen Pückler. Ja, genau den, der den Garten in Muskau anlegen ließ und dem sie, als ihre Mitgift verbraucht war, vorschlug, die Ehe aufzulösen, damit er sich in England neu und insbesondere reich verheiraten könne. Vor der Scheidung wurde das Ehepaar noch in den Fürstenstand erhoben.

Und unsere Sophia? Sie war ihrem Musiker nach Sizilien gefolgt. Mein Großvater behauptete, es habe sich um einen Trómpeter mit Betonung auf dem O gehandelt.

Es hätte mich interessiert zu erfahren, wie die lutherisch niedersächsische Dame das katholisch sizilianische Leben in Palermo ertragen, genossen oder verabscheut hat?

Man weiß über ihr sizilianisches Leben nicht viel. Einmal wird erzählt, sie sei 1835 verarmt in Palermo verstorben. Dann heißt es wieder, sie sei im Dom von Palermo begraben worden. Soo arm kann sie dann auch wieder nicht gewesen sein.

Ernst Ludwig von Lenthe hat es im Leben nicht zum Fürsten gebracht, wohl aber hat ihm 1806 der Komponist August Kollmann sein opus 6 gewidmet: „The shipwreck“

Ob darin ein Solo für Trómpeter vorkam?

 

Ein Gedanke zu „Affairen und Karrieren im 18. Jahrhundert!“

  1. „Die zweite Frau des verewigten Staatskanzlers, geborne [!] von Lenthe, lebt in Neapel. Sie bekömmt von ihrem Stiefsohne, dem Grafen Christian von Hardenberg-Reventlow, aus dem Nachlasse jährlich etwas über 1000 Rthlr. Ihre Tochter, die nicht von Hardenberg ist, aber in der Ehe geboren ist, und daher rechtlich dafür gelten müßte, ist mit einigen tausend Thalern abgefunden worden. Man sagt, sie hätte wenigstens ebenso viel ansprechen dürfen, wie die Fürstin von Pückler.“ – Karl August Varnhagen von Ense, 15.10.1825, Blätter aus der preußischen Geschichte, Bd. III, Leipzig 1868, S. 392

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