Lange habe ich in München gelebt, vor einer Ewigkeit, in den 70er Jahren. Der „Grant“ der dortigen Bevölkerung hat mich damals begleitet, womöglich verfolgt. Eben halt so wie jeder, der dort an der Isar wohnte oder wohnt, sich mit diesem Phänomen auseinander setzen muss. Der Münchner Grant hat etwas von „noli me tangere“: Komm mir nicht zu nahe. DerErden Last drückt mich schon genug, als dass jetzt noch von mir erwartet werden könnte, freundlich zu sein. Der Grant ist ein künstlich aufgebauter und sorgsam gepflegter Paravent, hinter dem man seine „königlich bayerische Rua“ pflegt.
Aber was ist die Berliner Schnauze, mit der man hier angeraunzt wird? Sie dient auch der Abwehr gegen den, der droht, zu nahe zu kommen. Allerdings kommt das nicht defensiv daher wie der Grant. Der Berliner raunzt den Unbekannten durchaus aktiv an, er wirkt belehrend. „Wie kannst du es wagen, mich für meschugge zu halten?“ Niemand hat das angenommen, aber der Eindruck kommt zurück, als sei das eigene Auftreten, die eigene Existenz eine permanente Offensive gegen das Selbst(wert)gefühl des homo berlinensis. Es scheint, als ob diese Spezies Mensch ständig mit der Zurückweisung konkreter oder abstrakter An- oder Eingriffe beschäftigt sei. Quasi als „coda“ wird abschliessend drangehängt: „Selbst meschugge!“